Auswirkungen der Reformation auf die Gegenwart

Die Reformation hatte eine große Bedeutung für unsere Gegenwart.

  • Sie hat dem Staat gegenüber der kirchlichen Hierarchie Eigenständigkeit gegeben. Das nicht allein aus politischen Gründen (man war als protestantische Minderheit abhängig von den jeweiligen Landesfürsten), sondern auch theologisch: Nicht allein die kirchlichen Ämter sind von Gott eingesetzt worden, sondern auch die weltlichen. So steht, in säkularer Weiterführung, das weltliche Amt über dem Kirchenrecht – und dem Staatsrecht haben sich auch kirchliche Würdenträger zu beugen.
  • Das bedeutete auch die Lösung von der religiösen Zentralgewalt (Rom) und – in weiterer Folge – die Lösung der Fürsten vom Kaiser, der weltlichen Zentralgewalt. Mit dem Nachteil, dass jeder kleine Fürst ein unchristlicher Machiavellist (Machiavelli hat den Fürsten als machtvollen Manipulierer betont) werden konnte. Zudem wird dadurch freilich der Aspekt des Staates/der Nation betont.
  • Die Gemeinde hat die Möglichkeit, einen üblen Bischof abzusetzen – der Herrscher darf eingreifen, aber nur als Christ! Hier ist eine neue Fokussierung erkennbar: Der Kirchenvater Ambrosius hat als Christ das Recht, den glaubenden Kaiser zur Rechenschaft zu ziehen. Es gibt also, wenn man beides aufeinander bezieht, eine gegenseitige Kontrolle.
  • Bedeutsam ist zudem, dass nicht der Priester dominant ist in der Beziehung zu Gott, sondern jeder Mensch hat selbst genauso große Bedeutung. Dem Kleriker wurde der fromme Laie (das allgemeine Priestertum) entgegengestellt (Priesteramt ist kein Sakrament mehr).
  • Darum ist es wichtig, dass jeder Christ die Bibel liest, um seinen Glauben verantwortlich in der Welt leben zu können. Darum hat Luther die Bibel übersetzt – und dadurch die sprachliche Einheit Deutschlands ermöglicht.
  • In diesem Zusammenhang wurde die Bildung forciert, Visitationen von Pfarrern/Schulen (Gemeindeleben) gefördert. Bildung für Jungen und Mädchen und die Errichtung öffentlicher Bibliotheken wurden gefordert. Adel usw. sollten diese finanzieren. Melanchton gründete das erste Gymnasium. Lehrer wurden ausgebildet.
  • Selbst die Ehe wurde „entsakramentalisiert“ und dem Staat unterstellt.
  • „Entheiligt“ wurden Klöster, Reliquien, Kirchenbesitz. Das Kirchengut dient der Gemeinde zur Unterstützung der Menschen (z.B. Schulen, Krankenhäusern).
  • Die fromme tätige Putzmagd wird stärker betont als der zurückgezogene fromme Asket. Der tätige Alltag wird aufgewertet – er ist Gottesdienst. Und der Gottesdienst diente der Hilfe in Fragen der Lebensorientierung, er wurde in der Landessprache gehalten

Die Entgegensetzung: Gottes-Welt – Menschen-Welt stimmt nicht mehr. Die Menschen-Welt muss von Gottes-Welt durchdrungen werden. Sie ist eigenständig – aber sie immer wieder mit dem Evangelium zu konfrontieren, ist die Aufgabe der Kirche.

Viele Begriffe begegnen, die später Bedeutung haben werden: Gewissen, Freiheit usw. Aber Gewissen und Freiheit sind aus christlicher Perspektive (auch in der Reformation) an Jesus Christus gebunden.

Diese theologischen Begründungen wurden dann in der Folgezeit außer Acht gelassen und das, was die Reformation vorbereitet hat, wurde nicht-religiös weiter durchdacht, vertieft und begründet. Parallel dazu haben auch Christen die Chance genutzt, über die Menschenrechte nachzudenken und sie einzufordern. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/mensch/menschenrechte/