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Die Evangelien – Gemeinsamkeiten:
Sonntag in der Frühe – der Stein war schwer – das Grab war leer. Frauen entdecken zuerst das leere Grab – weitgehend werden Deute-Engel genannt. Ebenso sind Jünger im Blick. Sehr viel Bewegung beherrscht die Berichte. Es wird viel gelaufen, geredet, viele Ortswechsel, dazu Zweifel, Glaube, Freude…
Die Evangelien – Besonderheiten
Markusevangelium (Kapitel 16) (ca. 70 n.Chr.)
Drei Frauen (Maria, Maria, Salome) kommen zum Grab Jesu und sehen statt des Leichnams Jesu in der Grabhöhle einen jungen Mann (Engel) sitzen. Das Engel-Wort: Fürchtet Euch nicht; er erklärt, was geschehen ist und gibt einen Auftrag. Der Auftrag: den Jüngern zu sagen, sie sollen nach Galiläa gehen. Die Frauen sagen jedoch vor lauter Schreck nichts weiter.
Damit bricht das Markusevangelium mit Vers 8 ab – es wird im zweiten Jahrhundert jedoch ergänzt, unter anderem mit Informationen aus den anderen Evangelien.
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Es gibt viele Vermutungen, warum das Evangelium so sonderbar schließt. Ich mag diese:
Lesende fragen sich: Die Frauen haben nichts vom auferstandenen Jesus weiter gesagt. Aber woher weiß ich davon? Sie denken über das Evangelium nach und erinnern sich: an Jesu Worte, an die in Galiläa und auf den Weg nach Jerusalem dreimalig gesprochenen Leidens- und Auferstehungsankündigungen: 8,31; 9,31; 10,34. Dann vor allem auch an die Verklärungsgeschichte 9,9f. und Markus 14,25.
In der Passionsgeschichte wird deutlich: Jesus soll nicht an seinen Wundern als Messias erkannt werden, sondern an seinem Sterben für die Menschen. Entsprechend soll auch die Auferstehung Jesu nicht geglaubt werden, weil etwas Massives berichtet wird, sondern aufgrund der Deute-Worte des Engels, die auf Jesu Worte hinweisen – und diese werden wiederum durch die vorangegangenen Jesusworte des Evangeliums gedeutet.
Matthäusevangelium (27) (ca. 80 n.Chr.)
Zwei Frauen (Maria, Maria) kommen zu dem Grab. Mächtig kommt ein Engel herbei, auch bebt die Erde und der Stein wird beiseite gerollt, der Engel setzt sich auf den Stein. Engel-Wort: Fürchtet euch nicht und er erklärt, warum das Grab leer ist und beauftragt die Frauen den Jüngern zu sagen, dass sie nach Galiläa gehen sollen. (Jesus ist also nicht durch das geöffnete Grab hinausgegangen!) Die Frauen rennen freudig erschrocken los.
Nun wird eine Jesus-Begegnungsgeschichte eingefügt – also eine andere Tradition wird aufgegriffen):
Unterwegs treffen die Frauen Jesus, er begrüßt sie (wohl: Schalom). Auf die Begrüßung hin laufen sie zu Jesus, werfen sich vor ihm nieder, umklammern seine Füße. (Thema 1: Das heißt: Jesus ist kein Geist, er kann angefasst werden. Thema 2: Erkennen sie ihn an der Begrüßung?) Dann sagt er ihnen (wie der Engel): Fürchtet euch nicht – er gibt ihnen den Auftrag, den auch der Engel gab.
Thema 3: Eingeflochten ist eine Wächter-Geschichte. Diese beginnt schon in Kapitel 27, wird in dem genannten Teil mit einem Hinweis aufgegriffen, dann aber noch einmal ausführlich behandelt.
Jesus habe gesagt, er werde nach drei Tagen auferstehen.
Jünger könnten ihn rauben.
Wächter sollten das verhindern.
Wächter fielen zu Boden, wie tot.
Sie berichten den Priestern: Jesus ist weg.
Diese bestechen die Wächter, sie sollen sagen, sie hätten geschlafen – und währenddessen seien die Jünger gekommen und hätten Jesus geraubt.
Seitdem verbreitete sich das Gerücht, die Jünger hätten Jesus geraubt.
Matthäus greift diese Geschichte der Gegner auf, widerspricht ihr, sagt, es sei Korruption im Spiel gewesen, um die Wahrheit zu verschleiern. (Die Wächter-Geschichte ist also keine Erfindung des Matthäus, sondern eine der Auferstehungsgegner.)
Dann gehen die Jünger nach Galiläa. Auf einem Berg begegnen sie Jesus, manche zweifeln, er aber spricht den Missionsbefehl. Auf die Zweifel wird nicht eingegangen. Stattdessen spricht Jesus ihnen seine Gegenwart zu. In dem Missionsbefehl weist Matthäus auf sein Evangelium: „Lehrt sie, alle Gebote zu halten, die ich euch gegeben habe“ – damit ist das gemeint, was im Matthäusevangelium steht.
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Hinweise auf die Auferstehung Jesu über Markus hinaus: Wort vom Zeichen des Jona: Mt 16,4 und Q: 12,39ff/Lk 11,16ff. Vor allem auch Mt 18,20: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Auch der Missionsbefehl weist auf die Christuserfahrung: „Ich bin bei euch bis ans Ende der Zeit/Welt“ (28,20).
Lukasevangelium (24) (ca. 90 n. Chr.)
Frauen (Maria, Johanna, Maria und andere: Salome darunter? Kannte Lukas unterschiedliche Berichte, die wir nicht mehr haben?) sehen den Stein weggerollt. Sie gehen in das Grab, sind ratlos. Dann kommen zwei Männer (Engel), sie erinnern die Frauen an Worte Jesu. Sie laufen zu den Jüngern und berichten alles. Sie glaubten nicht. (Nicht in allen Handschriften z.B. D: Petrus lief zum Grab, sah Leinentücher, wunderte sich.) (Thema 1: Leinentücher = der Leichnam wurde nicht geraubt.)
Thema 2: Von Propheten wurde das Leiden vorhergesagt: Zwei Jünger wandern nach Emmaus. Jesus geht unerkannt mit. Er legt ihnen die Bibel aus, sagt ihnen, dass das Leiden von Gottes Propheten angekündigt worden war. Sie bitten ihn abends zu bleiben. Sie erkennen ihn am Brotbrechen. (Jesus ist weder an seiner Stimme noch an seiner Gestalt erkennbar gewesen, sondern er wird am Brotbrechen erkannt und dann ist er wie ein Geist sofort verschwunden.) Die Jünger rennen zurück und sagen, dass Jesus bei ihnen gewesen sei. Die Jünger berichten ihrerseits, dass er auch Petrus erschienen sei (also gleichzeitig?). Es handelt sich um eine neue Tradition, die Lukas aufgegriffen hat, da in der Emmausjünger-Geschichte gesagt wird: Einige liefen zum Grab. Dabei war es nur Petrus.
Thema 3: Jesus ist kein Geist, Thema 4: Jesus ist kein Doppelgänger:
Während die Emmausjünger berichten, erscheint Jesus, begrüßt sie mit dem Friedensgruß (nicht in D): (Schalom?). Sie fürchteten sich, es könne ein Geist sein. Jesus zeigt ihnen Hände und Füße, fordert auf, sie zu berühren. Als sie noch immer zweifelten, aß er etwas. Auch ihnen erklärt er die Bibel. Er fordert sie auf, in der Stadt zu bleiben, bis er den Geist gesandt hat. Nach dem Segen verschwand er, wurde in den Himmel gehoben (nicht in D).
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Beachte die lukanische Version Apostelgeschichte 1,4-14. Im Evangelium wird nichts von den Worten Jesu und den Engeln berichtet… Die Engel sprechen sie als „Männer Galiläas“ an.
In der Petrusrede der Apostelgeschichte wird intensiv die Auferstehung angesprochen. „Petrus“ weist nicht auf das leere Grab als Beweis. Die Auferstehung wird alttestamentlich begründet. (Vgl. Apg 2 und 3)
Johannesevangelium (20) (Grundlage vor 70 n.Chr. vollendet 90 n.Chr.?)
Maria Magdalena kam allein zum Grab. Sie fand es offen, lief zu Petrus und Johannes.
Petrus und Johannes laufen zum Grab. Johannes war schneller. Wartete auf Petrus. Petrus sah zuerst hinein, sah das Leinentuch und das Tuch für das Gesicht zusammengefaltet. (Thema 1: Der Leichnam wurde nicht geraubt.) Johannes versteht und glaubt. Sie gingen nach Hause. (Vgl. Markusevangelium: Glaube aufgrund des Sehens des leeren Grabes.)
Neue Tradition: Maria Magdalena weinte vor dem Grab. Dann schaute sie hinein, sie sah zwei Engel, einen im Kopfbereich, den anderen im Fußbereich sitzen. Sie fragen, warum sie weine. Sie antwortete, dass sie nicht weiß, wo sie ihren Herrn hingebracht haben. Sie blickte über die Schulter zurück und sah Jesus, ohne ihn zu erkennen. Auch er fragte, warum sie weine, wen sie suche. Sie dachte, er sei der Gärtner und fragt, wo er den Leichnam hingebracht habe. Jesus sagte: „Maria“ – daran, an der Nennung ihres Namens, erkannte sie ihn. Dann fordert Jesus sie auf, ihn nicht zu berühren – denn er sei noch nicht zu seinem Vater aufgefahren. Er gibt ihr den Auftrag, den Jüngern zu sagen, dass er zum Vater auffahre. (Wie ist das zu verstehen? Eine Übergangszeit? Irdisch kann er nicht festgehalten werden – aber im Jenseits kann er umarmt werden?) Maria berichtet das den Jüngern.
Am Abend tritt Jesus zu den Jüngern durch eine verschlossene Tür und begrüßt sie mit dem Friedensgruß. Thema 2: Er zeigt ihnen die Hände und die Seite [s. Lukas] – er sendet sie, gibt ihnen den Heiligen Geist [in Jerusalem- vgl. Lukas], Auftrag auch: Sünden vergeben/behalten. Es ist das vom Auferstandenen „angepustet“ werden. Der Heilige Geist ist von Jesus gegeben, die Jünger sind nun die irdischen Vertreter Jesu. Zweimal spricht Jesus zu ihnen den Friedensgruß.
Neue Tradition: Zweifel des Thomas – Berührung der Hände und der Seite (anders als Maria darf er es – ist also eine andere Tradition). Und der auferstandene Jesus weiß, was Thomas sagte, ohne dass er anwesend gewesen ist. Seligsprechung der Glaubenden [vgl. Markus: Nicht am Wunder soll Jesus erkannt werden, sondern er soll glauben.] – Zuwendung zu den Lesenden.
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Vor allem das Johannesevangelium ist eines, das im Grund im gesamten Evangelium Jesus als Auferstandenen sieht. Anders gesagt: Der auferstandene Jesus durchleuchtet die Worte und Taten, die Johannes vom irdischen Jesus überliefert.
Johannesevangelium 21
Eine dritte Jesusbegegnung der Jünger: Galiläa – See Genezareth. Thema: Sie wollten nicht fragen, wer er ist, denn sie wussten es. (Also auch hier: Er ist nicht eindeutig erkennbar.) Petrus wird seine Jesus-Verleugnung vergeben und beauftragt zu misionieren; weiteres Thema: Petrus und Johannes.
Nachträge Markusevangelium (16,9ff) (2. Jh. n. Chr.)
- Jesus erschien am frühen Sonntagmorgen erst der Maria Magdalena – aber keiner glaubte ihr (vgl. Johannes – aber dort wird vom Unglauben nicht berichtet).
- Jesus erschien Jüngern in anderer Gestalt – aber keiner glaubte ihnen (vgl. Lukas, aber dort wird nicht gesagt, dass ihnen nicht geglaubt wurde. Im Gegenteil.)
- Er erschien den elf Jüngern, während sie aßen und rügte, dass sie denen nicht glaubten, die ihn gesehen hatten (vgl. Lukas)
- Es folgt ein Missionsbefehl (in Anlehnung an das Matthäusevangelium, mit einem Satz in Anlehnung an das Johannesevangelium)
- Betonung im Folgenden liegt auf Wundertaten.
- Jesus wurde zum Himmel erhoben, Jünger predigten, Jesus wirkte durch sie (vgl. Apostelgeschichte)
1. Korintherbrief – ältester Auferstehungsbericht (55/56 n.Chr.)
Audition und Vision des Apostels: der Auferstandene begegnete ihm, sehr dramatisch in der Apostelgeschichte (9) dargestellt, während Paulus das Ereignis nur so benennt: Gott offenbarte (in) mir seinen Sohn (Galater 1,16).
Paulus diskutiert im 1. Korintherbrief vor allem über die Frage, ob Menschen auch auferstehen wie Jesus. Es geht zum anderen auch darum, welchen Körper der Auferstehungskörper des auferstandenen Menschen hat. Was Christus betrifft, teilt er mit, was er selbst als Bekenntnis (vgl. auch das Bekenntnis Römer 1,2-4) erfahren hat:
Christus starb für unsere Sünden,
wie es in der Schrift geschrieben steht.
Er wurde begraben und ist auferstanden am dritten Tag von dem Tod,
wie es in der Schrift geschrieben steht.
Zuerst wurde er von Kephas/Petrus gesehen, dann von den 12 Aposteln.
Danach sahen ihn 500 Brüder auf einmal, von denen die meisten noch leben…
dann wurde er von Jakobus gesehen und später von allen Aposteln.
Als Letzter von allen habe auch ich ihn gesehen…
In den anderen Briefen des Apostels spielt die Historizität der Auferstehung Jesu keine große Rolle. Die Auferstehung ist vorausgesetzt, ist die Grundlage christlichen Glaubens. Sie ist auch die Voraussetzung des Glaubens an die Auferstehung der Menschen. Damit verbunden: das besondere Verhalten der Christen, die eben diese Auferstehung vor sich haben, die darum im Vertrauen auf Gott in Jesus Christus sozial leben. Sie ist auch die Voraussetzung für das, was Paulus-Mystik genannt wird, wie sie im folgenden Satz aus dem Galaterbrief ausgesprochen wird: Christus lebt in mir; Ziel ist es, in der Auferstehung mit Christus eine Einheit zu werden (Philipperbrief), die Glaubende schon ansatzweise sind: Ist jemand in Christus, so ist er ein neues Geschöpf (2. Korintherbrief), mit Christus sterben in der Taufe, mit ihm auferstehen…
Bei Paulus finden wir weder die Frauen noch das leere Grab.
Auffällig ist, dass Paulus sich selbst auch als Zeugen der Auferstehung sieht – da aus der Perspektive der Evangelisten er eher ein nachpfingstlicher Zeuge sein kann. Die eigentlichen Erscheinungen Jesu – wie sie die Evangelien berichten – haben nach der Himmelfahrt aufgehört.
Zusammenfassung und Reaktionen auf Kritiker:
Wenn von Auferstehung gesprochen wird, dann ist die eigene Kraft Jesu im Blick, seine Gottheit. Wenn von Auferweckung gesprochen wird, geht es um Gottes Handeln an Jesus.
Das darf aus christlicher Perspektive bei dem Thema nicht vergessen werden: Es geht nicht um das, was Menschen tun oder nicht tun können, es geht um Gottes Handeln. Das Handeln dessen, der die Welt erschuf, sie erhält und vollenden wird.
A: Jesus wird nicht an seinem alten Körper erkannt. Erkannt wird er erst:
Am Brotbrechen (Lukas – Emmausjünger)
An der Namensnennung: Maria (Johannesevangelium – Maria-Tradition)
An der Schalom-Begrüßung (?) (Matthäusevangelium)
Es wird ein geisthaftes-körperliches Wesen geschildert. Mit anderen Worten, ein irgendwie transparenter Körper. Er verhält sich wie andere Körper – aber auch wiederum ganz ungewohnt. Es sind weitgehend eher zarte Vorstellungen mit den Erscheinungen verbunden, weniger heftige Schilderungen (z.B. Ausschmückung dessen, was im Grab geschah, intensive Beschreibung der Körperlichkeit, sondern nur in der Möglichkeit Wundmale zu ertasten bzw. dem Hinweis, dass er etwas gegessen hat.)
Berichte über Erscheinungen des auferstandenen Jesus verdrängen die Deute- und Sende-Engel. Während die Engel sagen: Fürchtet euch nicht! grüßt Jesus die Menschen mit dem Friedensgruß (s.u).
B: Größter Unterschied in den Evangelien: Galiläa und Jerusalem-Tradition: Galiläa-Tradition: Markus und Matthäus – und der Zusatz zu Johannes; Jerusalem-Tradition: Lukas und Johannes. Je weiter zeitlich weg, desto stärker kommt Jerusalem in den Blick.
C: Was geschah im Grab? An keiner Stelle wird darüber gesprochen, was im Grab geschehen ist, wie die Auferweckung vor sich ging. Es wird nur gesagt: Jesu Leichnam wurde an einem Freitag hinein gelegt – am Sonntagmorgen war das Grab leer.
In der Botschaft vom leeren Grab geht es nicht allein um das leere Grab. Es geht auch darum: Gott redet nicht nur abstrakt und intellektuell, er handelt: er sagt nicht nur Ich bin bei euch Menschen – er wird auch Mensch; er sagt nicht nur: Ich bin im Leiden bei euch – er leidet auch; er sagt nicht nur: Ich bin auferstanden – er macht es deutlich.
D: Kritik an der Botschaft von der Auferstehung ist nichts Modernes. Schon die Apostelgeschichte 17,23 berichtet darüber; in der Gemeinde selbst gab es auch ablehnende Stimmen, dagegen geht Paulus in 1. Brief an die Korinther 15 an. Daran, dass die massiven Zweifel in allen Evangelien ausgesprochen werden und auch Theorien (der Leichnam wurde geraubt, Jesus war nur ein Geist…), ist deutlich, dass diese Botschaft auch für antike Menschen nicht „normal“ war. (Dazu s. unten.)
E Gruppenerfahrung: Die Erscheinungen Jesu gelten meistens einer Menschengruppe. Nicht Individuen (außer Maria von Magdala im Johannesevangelium). Das hängt mit der Gattung der Evangelien zusammen. Es sind eben „Jüngergeschichten“. Bei Paulus finden wir weitere Hinweise auf Einzelbegegnungen: Kephas/Petrus, Jakobus, und ihn selbst (nach der so genannten Himmelfahrt).
F Historische Beurteilung
Es wird deutlich, dass etwas geschehen ist. Etwas, das in allen Beteiligten Staunen, Erschrecken, Zweifel hervorrief. Diese Erfahrungen werden in unterschiedlichen Geschichten ausgesprochen. Wie soll der Mensch etwas aussprechen, für das er keine Worte hat, für das es keine Parallelerfahrungen gibt? Menschen stoßen an ihre Grenzen des Sagbaren und versuchen, es so gut sie können, auszusprechen. Sie versuchen es mit Hilfe der Tradition irgendwie zu schildern: manche sachlich (Lukas; Johannes), manche emotional (Matthäus; Johannes), manche massiv belehrend (Lukas), manche sehr minimalistisch (Markus), manche historisch (Evangelien), manche spirituell (Paulus). Manche meinen, eine einheitliche Überlieferung würde eher für historische Wahrheit sprechen. Das ist aber nicht zwingend notwendig. Vielfalt der Begegnungen und vielfältige Versuche, das Erfahrene auszudrücken, sprechen eher für historische Originalität. Zeugenaussagen sind vielfältig wie Menschen es sind. Einer einheitlichen Sichtweise würde der Vorwurf gemacht werden können, einer hätte sie erfunden.
Historisch ist zudem erkennbar, dass diese Erfahrungen (und Botschaft) massive Auswirkungen auf Menschen hatte. Sie ließen sich hinrichten, ausschließen aus der Gemeinschaft, haben das gesamte Leben Jesu neu sehen gelernt und gelehrt.
Es gab keine Grab-Pilger in früher Zeit. Das hängt damit zusammen, dass wohl das leere Grab eben leer war – somit keine Bedeutung für die frühen Christen hatte. Der Auferstandene war wichtiger. Das leere Grab wird auch nirgends bezweifelt – die leibliche Auferstehung Jesu zu widerlegen wäre sehr einfach gewesen (auch noch 70 n.Chr.?). Es wurde höchstens gesagt, dass Jünger Jesus geraubt hätten (vgl. Matthäus). In der Moderne greifen Kritiker den Betrugsvorwurf auf. Vergessen allerdings, dass es keine Überlieferung von Überläufern gibt, die das behaupten und auch Paulus als ursprünglicher Gegner der Christen hat davon nichts berichtet. Weil er sie noch nicht kannte? Die leere Grab Aussage wird von Kritikern als Erfindung des Markus angesehen, der die Verkündigung der Auferstehung Jesu mit der leeren Grab Erzählung historisiert habe. Das heißt: Eine Idee wurde in eine historische Begebenheit umgewandelt (narrative Theologie [*]). Was freilich nicht nachweisbar ist. Es ist allerdings deutlich, dass außerhalb der Evangelien sehr häufig vom auferstandenen und erscheinenden Jesus Christus berichtet wird, nicht aber vom leeren Grab, so auch in alten Bekenntnissen. Und, wie Markus indirekt zeigt: Das leere Grab war nicht Ausgangspunkt der Rede vom auferstandenen Jesus, es waren die Jesus-Begegnungen (auch in der Maria-Magdalena-Erzählung). Der auferstandene und in der Gemeinde aktive Jesus Christus war wichtiger.
Ebenso wird gesagt, dass es gar kein besonderes Grab gegeben habe, in dem Jesus beerdigt worden war. Jesus wurde als Verbrecher hingerichtet, wurde somit in einem Massengrab verscharrt. Was wohl Joseph von Arimathäa dazu gesagt hätte? Denn laut Überlieferung hat er seine Grabhöhle zur Bestattung Jesu zur Verfügung gestellt.
Insgesamt stellt sich die Frage: Wenn das Grab nicht leer gewesen sein sollte, wenn die Rede vom leeren Grab die Auferstehungsberichte historisieren sollte, damit diese verständlicher werden: Haben dann die frühen Christen im Grunde etwas Unglaubwürdiges nicht noch unglaubwürdiger gemacht? Wäre nicht besonders klug. Die Menschen damals waren nicht dümmer als heute.
Erstaunlich: Wenn die Geschichte erfunden worden wäre, wären sicherlich keine Frauen als Erstzeuginnen genannt worden. Es wird an der Paulusüberlieferung erkannt, dass Frauen auch ausgeklammert werden konnten. Hier ist Petrus dominant. Dass die Frauennamen von Johanna und Salome variieren, kann damit zusammenhängen, dass es weitere Frauen gab (vgl. Lukas), die jedoch nur dann mit Namen genannt wurden, wenn sie den Adressaten bekannt waren. Salome war somit den Adressaten des Markusevangelium bekannt, Johanna denen des Lukasevangeliums, die Marias waren den Adressaten des Matthäus geläufig und den Adressaten des Johannes nur die Maria Magdalena wichtig. (Ist sie Teil des Konkurrenzkampfes zwischen Petrus – Johannes – Maria? Petrus wird im Johannesevangelium als Autorität anerkannt.) Aber letztlich sind das nur Vermutungen. Die Erstzeuginnen-Überlieferungen riefen auch moderne Kritiker hervor: Frauen sind von Haus aus phantasievoller und in ihrer Liebe zu einem verehrten Menschen denken sie sich dann sowas aus. Vor allem Maria Magdalena steht im Verdacht psychisch überdreht gewesen zu sein. Ob ein solches Argument heute noch Anhängerinnen und Anhänger findet?
Der Brief des Paulus lässt erkennen, dass es eine sehr große Breite an Erfahrungen des Auferstandenen gab, von denen in den Evangelien jedoch nur einige aufgegriffen werden. Heute fragen sich einige Kritiker: Warum hat sich Jesus nur den Aposteln gezeigt? Diese Frage ist jedoch sehr verengt. Wir wissen in den Evangelien nicht von weiteren – bzw. nur sehr pauschal (vgl. Lukas: weitere Frauen; Paulus: weitere „Brüder“), da eben der enge Jüngerkreis Jesu im Fokus der Evangelien standen.
Interessant ist, dass die Passionsgeschichte stärker alttestamentlich belegt wird als die Auferstehungserfahrungen. Das heißt: Der Vorwurf, sie seien aus dem AT abgeleitet, steht auf wackligen Beinen. Zudem stellt sich immer die Frage: Wurde eine Geschichte aus dem AT abgeleitet – oder wurde ein tatsächliches Ereignis nachträglich im AT gesucht, um es biblisch zu bestätigen.
Ein weiterer Vorwurf: Jesus hat von der Auferstehung gesprochen – und die Jünger haben seine Worte für bare Münze gehalten und sie dann historisiert. Dieses Argument hat auch Haken: Es übersteigt menschliche Phantasie. Auch wenn einer sagt, er werde auferstehen, dann aber wider aller Hoffnung und Erwartung hingerichtet wird, wird jeder normale Mensch sagen: War wohl nichts – und sich abwenden von dem falschen Propheten. Zudem wird an Worten Jesu nicht ersichtlich, dass er verkündet hat, er werde als reale Person wieder erscheinen. Die Auferstehungsaussagen betreffen wie das letzte Wort bei Lukas eher unsere abstraktere Form (heute noch wirst du mit mir im Paradies sein). Die Zweifel der Jünger, von denen berichtet wird, widersprechen dieser Vorstellung ebenso.
Ein weiterer Vorwurf: Die Jünger fühlten sich schuldig Jesus gegenüber. Vor allem Petrus, weil sie ihn im Stich gelassen haben. Und vor lauter Schuldgefühlen haben sie ihn dann zum Lebenden erklärt. Eine ähnliche Argumentation finden wir bei dem Psychiater Freud im Hinblick auf die Erfindung Gottes: Als die Menschen noch halb äffisch waren, haben sie den Vateraffen ermordet, weil sie an dessen Weibchen kommen wollten. Und nach der Ermordung hatten sie so große Schuldgefühle, dass sie ihn zum Vater-Gott erhoben haben. Wenn jeder Mensch andere Menschen zu Göttern erheben wollte, weil er an dessen Tod Schuld ist, würde es wohl im Laufe der Zeit mehr Götter als Menschen geben.
Weitere Vorwürfe: Jesus sei gar nicht am Kreuz hingerichtet worden, sondern ein Stellvertreter, oder: Jesus war noch gar nicht tot, sondern ist von Essenern aufgepäppelt worden und dann nachdem er sich den Jüngern gezeigt hat, nach Indien ausgewandert, weil er keine Lust gehabt hatte, ein weiteres Mal hingerichtet zu werden. Beides sind Versuche, mit den Auferstehungsberichten irgendwie rational fertig zu werden. Im Koran (Sure 4,157f.; 7./8. Jahrhundert nach Christus) wird evtl. (kommt auf die Übersetzung an) gesagt, dass Jesus nicht gekreuzigt worden sei, sondern von Allah in den Himmel geholt worden sei. Diese Aussage ist insofern spannend, weil diese Aussage eine jüdische Elia-Tradition wiedergibt und sich die Frage stellt: Warum haben die frühen Christen, die diese Elia-Tradition kannten, diese nicht im Sinne narrativer Theologie aufgenommen? Weil die Hinrichtung Jesu offensichtlich gewesen ist. Mohammed allerdings war der Meinung: Ein Diener Allahs, also auch Jesus, wird von Allah beschützt und darf nicht so elend sterben. Auch heute sind Kritiken beliebt, die davon ausgehen, dass die frühen Christen unterbelichtet waren und eben dies und das sagen „nur Vermutungen folgen“ (Koran a.a.O.).
Die Jünger wurden wohl alle – außer Johannes – wegen dieser Verkündigung hingerichtet. Diese Auferstehungserfahrungen haben ihr Weltbild vollkommen umgewandelt, sodass sie auch wegen dieser gestorben sind.
G Demeter-Ceres-Mythos
Demeter (lat. Ceres) war eine Göttin (Ackerbau, Fruchtbarkeit). Sie hatte eine Tochter namens Persephone (Fruchtbarkeit, Pflanzen). Diese wurde in die Unterwelt entführt. Die Göttin Demeter war zornig. Es wurde dann ausgehandelt, dass Persephone jahreszeitweise aus der Unterwelt an die Oberwelt kommen durfte. Das bedeutet für den Mythos, der einen großen Kult hervorrief, dass es im Herbst eine Trauerzeit gab, weil Persephone wieder in die Unterwelt ging, im Frühjahr eine Freudenzeit, weil sie wieder an die Oberfläche durfte. Erstaunlich ist, dass soweit wir wissen Mysterienkulte nicht auf die christliche Verkündigung Einfluss hatten. Die einzige Parallele ist die, dass Jesus im Frühjahr auferweckt wurde – allerdings starb er auch im Frühjahr. Es handelt sich also um eine zufällige historisch bedingte Parallele. Aber diesen Mythos als Basis für die „Erfindung“ der Auferstehungsberichte zu machen, dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
H Friedensgruß
Im Matthäusevangelium wird gesagt, dass der auferstandene Jesus die Frauen begrüßt habe und sie ihn daraufhin ehrten. Im Lukas- und Johannesevangelium wird berichtet, dass der auferstandene Jesus den Friedensgruß ausgesprochen habe: Friede sei mit euch! Mit dem Friedensgruß muss es sich in irgendeiner Form um einen besonderen Gruß handeln, der Christen damaliger Zeit wichtig war. So erfahren wir im Evangelium (Q: Mt 10,13/Lk 10,5f), dass Jesus seinen Jüngern vor der Aussendung gesagt hat, sie sollen in das Haus, in das sie hineingehen, den Friedensgruß sprechen. Wenn das Haus diesen annimmt, ist es den Gruß wert, wenn nicht, wird der Frieden wieder zu den Jüngern zurückkommen. Es handelt sich also nicht nur um ein lässig dahingesprochenes „Schalom“. Es war ein besonderer, ein bewusster Gruß. Dieser besondere Gruß setzt sich in den Paulusbriefen fort. Sie sind ein Echo dieses Grußes Jesu, schon in seinem ersten Brief an die Thessalonicher heißt es: Gnade sei mit euch und Friede – so beginnt dieser Brief wie seine anderen Briefe auch. Die übliche römisch-griechische Brief-Begrüßungs-Formel wird „christianisiert“. Die Briefe werden mit dem Gnaden-Wunsch beendet. Intensiv wird im Neuen Testament Gott mit Frieden verbunden. Was in Jesus Christus begründet ist. Der Friedensgruß begegnet auch im von anderer christlichen Literatur unabhängigen Barnabasbrief.
I Theologische Deutung
Jede glaubende Generation, jedes glaubende Individuum seit 2000 Jahren basiert auf diese Grunderfahrungen. Im christlichen Glauben spielt die Erfahrung des Geistes Jesu Christi eine große Rolle, die mit der Auferstehung verbunden ist. Den Geist Gottes gibt es nur aufgrund der Auferstehung Christi, und die Erfahrung des Geistes Gottes versichert dem Glauben die Auferstehung Christi, die Gegenwart Jesu, den Beistand Jesu. Das eine bedingt das andere.
Und so finden wir zum Beispiel im Matthäusevangelium Hinweise auf die Erfahrung des Auferstandenen (28,20; 18,20) – vor allem auch im Johannesevangelium: der irdische Jesus Christus ist der auferstandene Jesus Christus (z.B. die Ich-Bin-Worte) und es betont die Anwesenheit Jesu in seinem Geist, das Lukasevangelium betont auch die Geistgabe, das heißt die Anwesenheit Jesu Christi. Entsprechend kommt es Glaubende – wie es Paulus sieht – auf die Christuserfahrung im Geist an. Und das können Glaubende vielfach in ihrer jeweiligen Gegenwart bestätigen. Die Botschaft vom leeren Grab bezieht sich hingegen auf eine geschichtliche Beobachtung, die in der Menschheitsgeschichte immer weiter zurückliegt und nicht mehr verifiziert bzw. falsifiziert werden kann – also je nachdem der Mensch es aus seinem innerweltlichen Erfahrungsbereich heraus interpretiert oder aus dem Glauben, dass Gott der Handelnde ist.
Theologisch ist gegenwärtig die Deutung besonders beliebt, die davon spricht, dass Jesus Christus (durch den Geist Gottes) in den Glaubenden aufersteht. Das bedeutet: Die Auferstehung ist nicht etwas, was vor 2000 Jahren geschah, sie ist ein Handeln Gottes, die in den Glaubenden immer wieder realisiert wird.
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Ein Kleben an der Historizität (sowohl der Befürworter als auch der Kritiker) muss sich die Frage stellen lassen, die der Engel im Lukasevangelium stellt: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Gleichzeitig darf aber die historische Basis nicht übergangen werden. Sie lässt auf ihre Weise erkennen, wie Glaubende mit ihrer Sprachlosigkeit klarzukommen versuchen. Historische Berichte sind greifbarer als die spirituelle Interpretation des Apostels Paulus. Aber das zeigt, dass es schon in der frühen Christenheit unterschiedliche Strömungen gab.
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All die oben genannten Kritiken laufen ins Leere. Letztlich ist das, was wir über die Auferstehung hören, also das eigentliche Ereignis, unverständlich, weil wir es in keinem Experiment wiederholen können und weil es allen menschlichen Erfahrungen widerspricht. Die Auferstehung – nicht nur die leeres Grab-Berichte. Das war auch den Evangelisten und im Grunde allen Christen bewusst. Es kommt damit auf etwas anderes an: auf das jeweilige Weltbild. Im Kontext des Themas Wunder wurde dargelegt, dass es ein offenes, von Gott bestimmtes Weltbild, gibt und ein Weltbild, das der irdischen Immanenz verhaftet ist. Je nach Weltbild erscheint das eine oder andere plausibler. Genauso unverständlich ist die Botschaft von der Menschwerdung Gottes (Weihnachten). Das liegt heute jedoch nicht mehr so im Fokus, weil Weihnachten in Gedanken Gott gestrichen wird und der Fokus auf der Geburt eines besonderen Menschen gelegt wird – wenn überhaupt.
Hinzu kommen Erzählungen, die von der Gegenwart des auferstandenen Jesus Christus sprechen. Seit 2000 Jahren gibt es Erfahrungen von Glaubenden, die auch in den Evangelien ausgesprochen werden: zum Beispiel: wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, bin ich mitten unter ihnen. Gegenwartserfahrungen – der auferstandene Jesus ist gegenwärtig. Berichte gibt es, in denen Menschen versuchen, Jesusbegegnungen mit Worten wiederzugeben. Es ist bis in die Gegenwart viel Bewegung im Hinblick auf den auferstandenen Jesus Christus weltweit zu erkennen. Die Erzählungen endeten also nicht in der Mitte des 1. Jahrhunderts.
Mit Hilfe der Maßstäbe historisch-kritischer Exegese kann freilich die Auferstehung – wie die Menschwerdung Gottes, die Rechtfertigung des Menschen durch das Sterben des Sohnes Gottes – nicht erfasst werden. Sie widerspricht allem, was Menschen kennen. Von daher ist an dieser Stelle der Glaube dominant. Aber ein Glaube, der mit historischem Forschen verzahnt ist. Es muss irgendetwas Besonderes passiert sein. Aber was?
Eine Frage: Die gesamte Menschheit ist eine sterbende Gattung. Warum haben sich solche Geschichten gerade um den Menschen Jesus von Nazareth herum gebildet? Nur um ihn.
[*] Zur narrativen Theologie zählen wohl auch einige Naturwunder; zum Beispiel: so der wunderbare Fischzug, der auch von Johannes in die nachösterliche Zeit verlegt wird, Jesu Gehen auf dem See – und die damit verbundene Rettung des Petrus; die Sturmstillung, die Vermehrung von Brot und Fisch durch die Jünger; manche zählen auch die Totenauferweckungsgeschichte des Lazarus dazu.
Aufgabe
- Sammle die oben genannten Kritik-Punkte. Wie viel findest Du?
- Welche kannst Du nachvollziehen?
- Wie würdest Du auf sie argumentativ reagieren? (Bestätigend oder ablehnend.)
- Wie würdest Du den Glauben an die Auferstehung Jesu bzw. der Menschen farblich-abstrakt oder figürlich darstellen? Male ein Bild.