Medien / Kommunikation

1. Kommunikation und Kommunikationsmodelle

Der Mensch wächst in einem kommunikativen Umfeld auf. Er nimmt Welt nicht wahr, wie sie ist, sondern aufgrund der Deutung, die sein kulturelles Umfeld ihm durch Sprache, Bilder usw. mitgibt. Die Welt wird auf dem Weg ins Bewusstsein und durch das Bewusstsein durch das kommunikative Umfeld transformiert und beeinflusst als solches das Selbstverständnis des Menschen. Diese Erkenntnis ist nicht neu, so haben schon die Philosophen Platon oder in der Neuzeit der Philosoph Kant gesehen, dass wir nichts über die Dinge an sich wissen, sondern nur Vorstellungen haben. Das für den Menschen Unbefriedigende ist, dass er nicht hinter diese seine konstruierte Welt kommen kann. Er kann sie zwar durch andere Kulturen hinterfragen, kann sie immer weiter philosophisch, dichtend ausdehnen, aber er bleibt in dem ihm gesetzten Rahmen gefangen. Gleichzeitig: Die Gefangenschaft durch Sprache ermöglicht dem Menschen ungeahnte Möglichkeiten der Freiheit. Ohne die Kommunikation, in die er hineinwächst, wäre sein Leben äußerst begrenzt.

Was ist Kommunikation?

In den folgenden Modellen geht es im Wesentlichen um verbale Kommunikation: reden, lesen, hören. Aber Kommunikation ist vielfältiger, z.B. visuelle Kommunikation: Bilder [Gemälde, Fotos], Architektur, Fernsehen, Film, Gestik, Mimik. Ebenso ist von der haptischen (fühlenden) Kommunikation kaum die Rede, die allerdings in der Produktion mancher Gegenstände eine Relevanz hat: Wie liegt es in der Hand… – zudem ist diese Kommunikation zwischen Menschen eher distanzlos (Hand geben…). Auch die nidoreische (latein) bzw. myrodische (griechisch) Kommunikation kommt nicht vor: das Riechen. Die würde bei Tieren eine größere Rolle spielen als beim Menschen – wird allerdings eingesetzt in Form von Parfüm, das anderen etwas signalisieren soll (bzw. Versuche im Handel, die durch Einsatz von Duftstoffen zum Kauf motivieren sollen). Auch Schmecken kann eine Form der Kommunikation sein: Liebe geht durch den Magen… (Die Bezeichnungen stammen von mir, sie sind also nicht allgemein üblich.)

  1. Kommunikation dient den Menschen in erster Linie zur Verständigung. Individuum A verständigt sich mit Individuum B.
  2. Mittel der Kommunikation: Worte – Schrift – Bild – Taten – Gesten – Mimik – in den Modellen geht es jedoch um die kommunikative Funktion der Texte.
  3. Kommunikation hat Teil am gesellschaftlichen Vollzug und die Kommunikation zwischen Individuen hat Auswirkungen auf die Gesellschaft.
  4. Die Kommunikation der Gesellschaft hat Auswirkungen auf die Individuen.
  5. Kommunikation kann Individuen und Gesellschaft schädigende Auswirkungen haben oder aber Individuen und Gesellschaft aufbauende Auswirkungen.
  6. Aufgabe: An welchen Auswirkungen ist dem Individuum und der Gesellschaft gelegen? (Vorsicht!: Die Antwort ist nicht so einfach, wie sie auf den ersten Blick scheint!)
  7. Im Folgenden werden ein paar grundlegende Modelle genannt, die in vielen Variationen und mit unterschiedlichen Schwerpunkten weiter modifiziert vorliegen, hier aber nicht weiter dargelegt werden können.

Wie geschieht Kommunikation

  • Schannon+Weaver: Ein Sender kodiert ein Signal, sendet es (Kanal), es wird dekodiert und vom Adressaten empfangen. Freilich kann das Signal auch gestört werden. Gewicht liegt darauf, dass der Empfänger die Information nicht 1:1 übernimmt, sondern sie auf seine ihm eigene Weise dekodiert. Er ist bei der Dekodierung eigenständig. Der Sender kann zwar nachjustieren, aber dennoch bleibt der Empfang immer unscharf.
  • Bühler: (a) Ausdruck (der Sender vermittelt etwas von sich und verwandelt einen Teil davon in Sprache – ein anderer Teil bleibt unbewusst); (b) Appell (der Sender vermittelt ein Zeichen an den Empfänger, das diesen zu etwas auffordern will); (c) Darstellung (der Sender übermittelt Informationen).

Adressatenorientierung der Kommunikation

  • Schulz von Thun: Der Sender sendet dem Empfänger eine Nachricht. Freilich ist die Kommunikation abhängig von: (a) Worüber will der Sender informieren, (b) in welchem Verhältnis steht er zum Adressaten, (c) was zeigt er von sich selbst.
  • Grice betont (a) Quantität (nur das Nötigste sagen – aber nicht zu knapp); (b) Qualität (Wahres mitteilen); (c) Relevanz (nur Themenrelevantes sagen); (d) Klarheit (nicht verwirrend sprechen)

Kommunikation und Meinungsbildung in der Gesellschaft

  • White+Levin: (a) Meinungsführer und Institutionen geben Informationen an Medien weiter, (b) Medien wählen aus und veröffentlichen sie Auswahl, (c) dadurch „machen sie Meinung“.
  • McCombs+Shaw: (a) Die Meinungsmache der Medien hat (b) Auswirkungen auf die Meinungsführer und Institutionen.

Kommunikation mit Blick auf den Leser und die Leserin

  • Klapper: Aber nur das wird von den Rezipienten wahrgenommen, was in deren Weltbild passt.
  • Noelle-Neumann: Die eigene Meinung wird unterdrückt, weil man sich nicht gegen die mediale Mehrheit stellen möchte.

Aufgabe: Wo setzt nun die Medienethik der Kirchen an? Wo sollte sie ansetzen?

2. Pressekodex

Den Pressekodex s.: s. http://www.presserat.de/pressekodex/pressekodex/

Ziffer 1: Die Achtung vor der Wahrheit, die Wahrung der Menschenwürde und die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.

Jede in der Presse tätige Person wahrt auf dieser Grundlage das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der Medien.

Das wird in Ziffern 2-16 entfaltet (unter anderem: 2. Sorgfalt; 8. Schutz der Persönlichkeit; 9. Schutz der Ehre; 10. Religion, Weltanschauung, Sitte; 12. Diskriminierungen; 13. Unschuldsvermutung)

Aufgaben: Lies den Pressekodex

  • Wo liegen die Stärken und die Schwachstellen des Pressekodex?
  • Werden Begriffe (zum Beispiel: Freiheit, Würde, Ansehen der Medien) definiert?
  • Wie sähe ein Medienkodex aus christlicher Perspektive aus?
  • Welche Maßstäbe liegen diesem zugrunde?

3. Medien

Sender – Empfänger:

  • Der Sender sieht ein Objekt (z.B. eine Kapelle in den Bergen) –
  • er malt/fotografiert sie oder beschreibt sie mit einem Text (*), stellt also eine Ähnlichkeit her (Ikon) –
  • das Bild / der Text sind Repräsentanten (sie repräsentieren das Objekt, präsentieren es nicht, das heißt: sie sind nicht die abgebildete / textlich dargebotene Kapelle in den Bergen) –
  • als Repräsentanten haben sie eine Wirkung (Interpretant) (**)
  • auf den Empfänger, der sie wiederum individuell interpretiert.

(*) Allerdings hat selbstverständlich ein Text als Text keine Ähnlichkeit mit dem Objekt (ein Text, der eine Kapelle in den Bergen beschreibt, sieht nicht aus wie eine Kapelle in den Bergen) – aber er vermittelt mit Hilfe von Worten / Zeichen, die die Kultur zur Verfügung stellt, einen Eindruck von der Kapelle in den Bergen. Es kann aufgrund des Textes ein „Bild“ im Kopf entstehen.

(**) Diese Wirkung, die den Empfänger beeinflussen soll, wird mit Hilfe der Perspektive, der Farbgebung usw. bzw. beim Text mit Hilfe der Rhetorik, der Verwendung bestimmter Worte, erreicht. Sachtexte versuchen allerdings eine Vorstellung im Empfänger zu erzeugen, ohne rhetorische Kniffe bzw. Sachbilder ohne Fotoshop.

Aufgabe:

Dabei stellen sich jedoch zwei Fragen: Geht das? (Ist eine Kapelle in den Bergen im Morgendunst, angesichts der untergehenden Sonne oder im Mittagsleuchten realer oder unter Regenschwaden realer?) und: Kann eine emotionale Darstellung nicht angemessener den Sachverhalt wiedergeben als eine möglichst sachliche Abbildung?

Das alles ist bekannt und notwendig zu wissen, um nicht Manipulationen ausgeliefert zu sein. Es gilt, Medien kritisch wahrzunehmen, sie zu reflektieren, sich sensibilisieren lassen für die Möglichkeiten, die Menschen medial einsetzen – damit man sie letztlich wirklich ungefährdet genießen kann. Zudem hat man nicht nur Teil an der medialen Welt durch Konsum, sondern auch durch Gestaltung (vielleicht beruflich, aber auch durch Benutzung sozialer Medien für Weitergabe von Informationen, Selbstdarstellungen…).

Es gibt eine Fülle an Medien, die die christliche Religion verwendet: Texte, Bilder – aber auch Rituale, Symbole, Architektur, Musik, Filme – und Personen (s. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/film-musik/kirche-und-medien/ ). Als Medium Gottes dient zum Beispiel in erster Linie Jesus Christus. Allerdings ist er, anders als Christen, nicht nur Medium, sondern Gott selbst handelt in ihm.

4. Theologische Grundlagen christlicher Medienethik

Weil Medien manipulativ sein können, muss eine Medienethik entwickelt werden. Aus (meiner) christlichen Perspektive sind für eine solche folgende Aspekte zu berücksichtigen:

Grundlage:

Anthropologie – Humanverträglichkeit – Würde des Menschen

1. Genesis 1:

  • Der Mensch ist frei – er handelt in Freiheit. In Freiheit Handeln bedeutet auch: Verantwortung übernehmen.
  • Der Mensch ist Ebenbild Gottes – das heißt nicht, dass der Mensch in seiner Allmacht anmaßend alles tun und lassen kann, was er will – sondern er trägt Verantwortung
  • Das Individuum – die Person hat Würde – und es ist Teil der Gemeinschaft. Es gilt dem Individuum dazu zu verhelfen als Teil der Gemeinschaft zu leben.
  • Alle Menschen sind Ebenbild Gottes – von daher haben auch alle ein Recht auf mediale Wahrnehmung (nicht nur der reiche Norden) (Internationale Verträglichkeit).
  • In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Medienethik Umwelt und Tiere berücksichtigen muss.

2. Trinität: Kommunikation ist nicht nur Informationsübermittlung, sondern fördert Gemeinschaft – ist Teil/Vollzug der Gemeinschaft

3. Reich Gottes – Die Botschaft von der Gottesherrschaft beinhaltet: Was erwarte ich an Positivem und das gilt es jetzt schon durchzusetzen.

4. Geist Gottes:

  • Der Geist Gottes ist die Kraft, die Gottes Willen durchsetzt. Gott erhält den Menschen: Gebote, Gesetze, Normen, Werte – in allen Völkern. der Geist hat das Gesetz in die Herzen geschrieben. Kirchen weisen auf das hin, was Gott in den Menschen angelegt hat = salopp gesagt: Alle Menschen guten Willens haben im Grunde eine Meinung.
  • Der Geist Gottes ermöglicht Erfahrungen, erweitert das Wissen bis hin ins Transzendente.

5. Das Leben ist Ausdruck der Gottesbeziehung.

6. Kirche sieht sich in der Nachfolge Jesu Christi – das heißt auch als Sprachrohr Gottes. Ihr Selbstverständnis hat darum mehr Gewicht: Wer euch hört, der hört mich, wer mich hört, hört den, der mich gesandt hat…

7. Missionarisch geht es der Kirche um Verständigung. Durch Aufbauen einer Gegnerschaft kann keine Verkündigung erfolgen.

8. Das achte Gebot (Exodus 20,16; Dtn 5,20): Du sollst nicht falsch Zeugnis reden gegen deinen Nächsten. Luther: Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsern Nächsten nicht aus Falschheit belügen, verraten, verleumden oder hinter seinem Rücken reden, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.

9. Das Bilderverbot (Exodus 20,4f.; Dtn 5,8f.): Medium (Bild) und Wirklichkeit sind nicht identisch. Einordnung der Medien mit Blick auf Gott – gilt jedoch im genannten Sinn auch darüber hinaus.

10. Gott liebt den Menschen: Jeder Mensch, der sich medial zur Verfügung stellt, darf wissen, dass Gott ihn liebt. Wieweit lässt dieses Wissen zu, an Veranstaltungen teilzunehmen, die Menschen erniedrigen, der Lächerlich preisgeben.

5. Ethische Grundlagen: 

Dazu siehe: https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/verhalten-ethik/christliche-ethik/

6. Ein möglicher Medienkodex aus christlicher Perspektive

(Zusammenstellung unter anderem mit Hilfe von „Chancen und Risiken der Mediengesellschaft“ – s. unten)

1. Diese theologischen Grundlagen sind auch Maßstab für Kritik der Kirche an den Medien bzw. für ihre eigene Verwendung von Medien. Sie sollten es sein.

Sozialverträglichkeit der Medien:

  1. Kirchen sind für Kommunikation – freie Kommunikation.
  2. Kirchen sind gegen: Fremdbestimmung, Betonung von Einzelinteressen, Entwürdigungen des Menschen, Profitorientierung.
  3. Kirchen nehmen die weltweit kommunizierenden Menschen im Blick, nicht allein die Kommunikation reicher Länder auf der Nordhalbkugel.
  4. Kirchen sind für: Selbständigkeit, Verständigung, Freiheit, Beachten der psychischen Auswirkungen, Anreiz zur Eigenverantwortung.
  5. Kirchen sind Sprachrohr für Sprachlose.
  6. Kirchen drängen darauf, Menschen medial nicht auszugrenzen, sondern verantwortlich einer Vielfalt tolerant Raum zu geben.
  7. Kirchen müssen Probleme einer Gesellschaft aufzeigen – und so es in ihren Möglichkeiten liegt, auch an Problemlösungen sachlich mitarbeiten.
  8. Kirchen können in einer pluralistischen Gesellschaft nicht mehr bestimmen – aber sie diskutieren, wenn nötig, mutig, Verantwortung tragend und wirklichkeitsnah mit.
  9. Kirchen müssen die Verantwortung des Rezipienten (Fernsehzuschauer, Zeitungsleser…) einfordern. Auch der Mediennutzer trägt Verantwortung – nicht zuletzt als Christ, der in Verantwortung vor Gott lebt. Der Mediennutzer ist ein Handelnder (Einschaltquoten) bzw. Kritiklosigkeit führt dazu, dass andere die Mehrheit bilden.
  10. Medienkompetenz ist eng mit der Medienethik verbunden.

 2. Kirche ist auch Thema in den Medien – werden ethische Grundlagen beachtet?

  • Wie wird Kirche wahrgenommen?
  • Welche kirchliche Themen beherrschen das mediale Interesse?

 3. Glaube wird in den Medien unabhängig von Kirche als Institution thematisiert – werden die theologischen Grundlagen beachtet?

  • Wie wird christlicher Glaube wahrgenommen?
  • Wer formuliert Glaubensfragen – und warum?
  • Wie werden christliche Themen unabhängig von den Kirchen ausgesprochen?
  • Werden christlicher Glaube mit religiösen Themen vermischt…?
  • Wie werden Glaubensaspekte anderer Religionen wahrgenommen?

7. Kirchliche Dokumente zu den Medien

„Chancen und Risiken der Mediengesellschaft“ die gemeinsame Erklärung wurde 1997 vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht. Der Text: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/veroeffentlichungen/gem-texte/GT_10.pdf

8. Medienpräsenz der Kirchen

9. Kritik an der Medienpräsenz der Kirchen (Ulrich Schauen)

Beispiel: http://www.kirchenhasser.de/  besonders der Artikel: http://www.diesseits.de/perspektiven/saekulare-gesellschaft/1369692000/kirche-medien-kritiker-gilt-voreingenommen

10. Sehr gute Literatur:

Udo G. Schmoll: Medienethik in theologischer Perspektive, in: Unterrichts-Konzepte Religion, Oberstufe aus dem Stark-Verlag (Anregungen wurden im oben genannten Beitrag mit verarbeitet)

Die Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur schreibt regelmäßig Preise aus.