Christenverfolgung im Römischen Reich
1. Es gab keine flächendeckende Verfolgung
Christen wurden nicht ununterbrochen und auch nicht an allen Orten verfolgt. Es gab immer wieder aufflammende Verfolgungen.
2. Ursachen für die Verfolgung
Der römische Staat war keine Einheit. Rom hatte die Herrschaft über viele Völker und ihre Religionen inne. Weil eine einheitliche Staatsidee nicht überall verbreitet war, musste der Staat darauf achten, dass es möglichst keine Unruheherde in den Bevölkerungsgruppen gab. Christen brachten immer Unruhe mit sich. Unter den Juden verkündigten sie Jesus als den Messias, was nicht gerne gehört wurde, und unter den Heiden, die viele Götter kannten, verkündigten sie Jesus als den Messias des einzigen Gottes. Sie wurden verdächtigt, Atheisten zu sein, weil sie einen Menschen, Jesus von Nazareth, zum Gott erklärten. Und je mehr Menschen Christen wurden, desto mehr wurde das traditionelle soziale Gefüge der jeweiligen Gesellschaft durcheinander gebracht.
- Im römischen Reich setzte sich vor allem im Osten immer stärker die Vergöttlichung des jeweiligen Herrschers durch. Ihm musste geopfert werden als Zeichen dafür, dass man ihm bzw. dem römischen Reich gegenüber loyal ist. Christen lehnten Opferungen / den Kaiserkult ab.
- Weil Christen andere Normen und Werte kannten, lebten sie nach diesen: Es wurden eigene soziale Gefüge errichtet (Gemeinden), man verhielt sich vielfach anders (kein Ehebruch, Aufnahme ausgesetzter Kinder, Sklaven hatten dasselbe Ansehen wie Herren, man gab Hungernden zu essen, versorgte Kranke usw.).
Durch ihre neue soziale und ethische Orientierung wurden Christen verdächtigt, gegen den Staat zu agieren.
3. Verfolgungen in Israel
Zunächst wurden nach der Hinrichtung Jesu die Christen in Jerusalem verfolgt. Stephanus war der erste, der um seines Glaubens willen sterben musste. Jakobus, der Bruder des Jüngers Johannes, wurde umgebracht und später ebenso Jakobus, der Bruder Jesu. Aufgrund dieser Verfolgung verbreitete sich der christliche Glaube durch die Flüchtlinge sehr weit.
4. Nero
Laut Berichten antiker Historiker hat Nero einen Teil Roms neu erbauen wollen. Um Platz zu schaffen, ließ er Brände legen. Das erboste die Bevölkerung – und er versuchte den Zorn auf Christen zu lenken. Darum wurden im Jahr 64 n. Chr. Christen verdächtigt, Rom in Brand gesteckt zu haben. Es begann eine massive Christenverfolgung, in deren Zusammenhang höchst wahrscheinlich auch Petrus und Paulus ermordet wurden. Gegenwärtig werden in populären Sendungen des Fernsehens diese Verfolgungen in Frage gestellt – doch haben diese Infragestellungen keine historischen Anhaltspunkte.
5. Domitian
Domitian war nach Nero der zweite große Christenverfolger (81-96). Der Grund lag hier in der Ablehnung des Kaiserkultes durch Christen. In dieser Zeit ist die Apokalypse des Johannes entstanden, die sich mit der Bedrängnis der Christen auseinandersetzt.
6. Politisch verdächtigt
Im 2. Jahrhundert waren die Christen vielfach allgemein politisch verdächtig. Es kam zu vielen Anzeigen und Prozessen gegen Christen. Wenn sie dem Kaiser opferten, dann konnten sie freigesprochen werden. Da viele Christen sich weigerten, wurden sie hingerichtet oder zu Zwangsarbeiten deportiert. Es begann die Verehrung von Märtyrern, das heißt von Menschen, die wegen ihres gewaltlosen Glaubens hingerichtet, ermordet wurden.
7. Zunahme des Christentums
Trotz Verfolgungen wurden immer mehr Menschen Christen, bis in die höchsten gesellschaftlichen Schichten hinein. Am Hof des Caesars, in der Staatsverwaltung, unter den Intellektuellen (Philosophen). Diese verteidigten Christen mit philosophischen Schriften. Wogegen dann ihre heidnischen Kollegen polemisierten.
8. Decius und Valerian und Diokletian
Unter diesen Kaisern (249-251 und 257-259) gab es die massivste Christenverfolgung. Das römische Reich begann instabil zu werden und Christen wurden beschuldigt, durch ihren Unglauben dazu beizutragen und ebenso durch ihre eigene soziale Gemeinde-Struktur. Während Decius nur durch Einschüchterungen versuchte, Menschen vom Christentum abzuhalten (Folter, Wegnahme von Besitz, Inhaftierung der Führung, Zwangsarbeit) versuchte Valerian die Kirche insgesamt auszulöschen. Todesstrafen wurden ausgesprochen usw. Nach dessen Tod gab es erst einmal Ruhe. Unter Diokletian (303-311) wurde Jupiter als höchster Gott eingeführt und Diokletian war sein irdischer Repräsentant. Sein Ziel war die Vernichtung des Christentums. Doch die Christen hatten inzwischen viele Sympathisanten, sodass er sich nicht durchsetzen konnte.
9. Konstantin der Große
Mit Konstantin kam dann 312/313 die große Wende: Das Christentum wurde als Religion anerkannt. Er war ein kluger Mann und sah, dass ohne das Christentum der Staat nicht mehr stabilisiert werden konnte. Die Strukturen des Christentums benutzte er, um den Staat zu stärken. Er griff selbst auch massiv in die Lehre der Kirche ein, was viele kritisieren.
10. Theodosius I.
Unter Kaiser Theodosius I. wurde das Christentum 380 Staatsreligion.
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Beispiele für ermordete Christen
Als Beispiele für Menschen in den Verfolgungssituationen, können folgende Personen aus den 1000 Jahren nach der Geburt Christi vertieft behandelt werden. Vielfach geht es um legendarisches Material. In diesem Zusammenhang kann gefragt werden:
Geben Legenden eine reale Situation wieder? Haben sie zumindest einen wahren Kern? Wenn auch keine Realität dahinter stehen sollte: Warum wird das erzählt? Sind diese Erzählungen vollkommen unrealistisch? Oder: Werden Erfahrungen anderer Menschen mit den Biographien berühmter Menschen verbunden? Die legendenhafte Ausschmückung beginnt vor allem im 4. Jahrhundert. Die Berichte vorher geben verhältnismäßig historisch korrekte Angaben. Ich nenne nur ein paar für ihren Glauben getötete Christen:
- Stephanus (1. Jahrhundert: Jerusalem)
- Jakobus (Apostel) (1. Jahrhundert: Jerusalem)
- Jakobus (Bruder Jesu) (1. Jahrhundert: Jerusalem)
- Petrus (Apostel) (1. Jahrhundert: Rom): Bis auf Johannes sind vermutlich alle Jünger eines gewaltsamen Todes gestorben)
- Paulus (Apostel) 1. Jahrhundert: Rom)
- Alexander von Rom (2. Jahrhundert: Rom)
- Blandina und Pothius (2. Jahrhundert: Lyon; Bericht von Euseb)
- Justin der Märtyrer und sechs Schüler (2. Jahrhundert: Nablus/Ephesus/Rom)
- Scilitanische Märtyrer (2. Jahrhundert; wichtig! – weil es das älteste christliche Dokument in Latein ist: http://de.wikipedia.org/wiki/Scilitanische_M%C3%A4rtyrer )
- Polykarp von Smyrna (2. Jahrhundert: Smyrna – heutige Türkei: http://oelberg.info/download/Martyrium_Polykarp.pdf )
- Perpetua und Felicitas (3. Jahrhundert: Karthago; wichtig! – weil weniger legendarisches Material http://www.heiligenlexikon.de/BiographienP/Perpetua.htm )
- Barbara (3. Jahrhundert: Nikomedien – heutige Türkei)
- Armin (3. Jahrhundert: Armenien/Äthiopien)
- Afra von Augsburg (3./4. Jahrhundert)
- Ursula (4. Jahrhundert: England/Köln)
- 40 Märtyrer von Sebaste (4. Jahrhundert: Sebaste – heutige Türkei)
- Julia von Korsika (6. Jahrhundert: Karthago – heutiges Tunesien)
- Friedrich (9. Jahrhundert: Niederlande)
- Tertullian (+ 230) formulierte den Satz: Das Blut der Christen ist Samen. (Semen est sanguis christianorum.)
- Liste der Märtyrerinnen und Märtyrer in der Verfolgung durch Diokletian: https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_M%C3%A4rtyrern_der_Diokletianischen_Christenverfolgung
Christliche Märtyrer starben nicht, indem sie Gewaltakte ausgeführt haben – sie starben wehrlos, weil sie den christlichen Glauben lebten. Von daher ist der Begriff Märtyrer gegenwärtig missverständlich, weil er von Selbstmordattentätern bzw. islamischer Tradition geprägt wird. Bis in die gegenwart hinein werden Christen verfolgt. In diesen Tagen sterben in vielen Ländern Christen wegen ihres Glaubens einen gewaltsamen Tod, sind in Gefängnissen, werden benachteiligt und bedrängt.
Dass Menschen in späterer Zeit von Christen ermordet wurden, dass Christen auch Christen ermordet haben, das ist schlimm. In dieser Hinsicht sei zum Beispiel auf folgende Stellungnahme hingewiesen: http://www.mennonews.de/archiv/2010/07/23/lwb-vollversammlung-bittet-mennoniten-um-vergebung/ Diese Taten müssen aufgearbeitet werden – und werden auch aufgearbeitet – in der Hoffnung, künftig solche Gewalttaten verhindern zu können.
Der erste Christ, der wegen seines Glaubens mit seinen Anhängern hingerichtet wurde, war vermutlich der spanische Bischof Priscillian von Avila im Jahr 385. Massiv gegen eine solche barbarische Tat, für die der Trierer Bischof verantwortlich war, wandten sich Martin von Tours (Sankt Martin) wie der Kirchenvater Ambrosius von Mailand. Oder der Bischof Fulbert von Chartres kritisierte die Bischöfe, die Krieg führten, sprach ihnen das Bischofsamt ab und sah in ihnen Tyrannen, die sich gegen die wahre Kirche wandten.