AUFERSTEHUNG

1. Grenzen im Leben – Begrenzung des Lebens

Wir begegnen täglich Grenzen. Die massivste Grenze, die der Mensch kennt: der Tod. Das Wissen um den Tod kann deprimieren, kann aber auch weiterführen: Carpe Diem (fasse den Tag, lebe ihn sinnvoll) – Psalm 90,12: Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden. Wir begegnen täglich Grenzen – doch erleben wir auch, dass Grenzen überwunden werden können.

2. Leben nach dem Tod in den Religionen

Den Gedanken an ein Leben nach dem Tod gibt es in vielen Völkern und Religionen; ein paar Beispiele:

  • Leben in der Unterwelt (weit verbreitet).
  • Scheidung der Menschen in gute und böse (Paradies und Hölle) ist auch häufiger – das ist kein spezifisch jüdisch-christlicher Gedanke. Eine Verbindung mit konkreter Ethik ist schon eher jüdisch-christlich verankert. Traditioneller ist der Gedanke, dass gute Kämpfer nach dem Sterben einen bevorzugten Ort bekommen.
  • Reinkarnation: Die „Seele“ (was auch immer das ist) sucht sich einen neuen Körper.
  • Die „Seele“ geht zum Himmel: zu den Sternen.
  • Leben als Geist (Geist der Ahnen).

Bilder für Auferstehung in der Gegenwart, um sie ein wenig verständlicher zu machen: Raupe wird Raupenkokon wird Schmetterling //  Im Winter ist alles kahl, im Frühjahr wird es wieder grün // Seele des Verstorbenen lebt weiter (Sterne…) // Der Körper lebt weiter im Kreislauf der Natur.

Unter „Seele“ versteht man in östlichen Religionen das Göttliche im Menschen. Das ist unsterblich. Wird sie vom Menschen beschmutzt, wird sie in der Reinkarnation in niederen Lebewesen wiedergeboren. Je reiner sie ist, in desto höheren menschlichen sozialen Schichten wird sie wiedergeboren. Darum zählt der Körper wenig, es zählt die göttliche Seele. Hauptsache, die göttliche Seele bleibt möglichst rein. Seele im christlichen Sinne: Die Seele ist das Wesen des Menschen. Und zu seinem Wesen gehört nicht nur der Geist, sondern auch der Körper. Eben alles. Und ist die Seele so wie Gott sie will – durch die im Glauben angenommene Sündenvergebung durch Jesus Christus rein – dann wird Gott den jeweiligen Menschen aus seiner von ihm gereinigten Seele neu erschaffen. Die Seele ist eine Art Samenkorn, in der die Pflanze in ihrem Wesen angelegt ist.

3. Auferstehung im Judentum

Es gab eine Entwicklung im Judentum:

  • Der Mensch ist tot, von Gott geschieden, lebt in der Unterwelt. Dann:
  • Gott hat Zugang zur Totenwelt – er kann herausführen. Dann:
  • Gott führt jeden heraus: zum Gericht. Die einen kommen in den Himmel, die anderen in die Hölle. Es gibt unterschiedliche Vorstellungen von Himmel und Hölle (das sind keine spezifisch jüdischen Vorstellungen, sondern von der Zarathustra-Religion Persiens geprägt worden) – und einem Zwischenzustand, dem Fegefeuer, dem Reinigungsfeuer.
  • Gott führt Glaubende sofort nach deren Sterben zu sich.
  • Nach der Erfahrung des auferstandenen Jesus Christus durch Juden, wird die Auferstehung ein wesentliches Merkmal des judenchristlichen Glaubens (s. 4.).

4. Auferstehung im Christentum

Auferstehungsberichte, die von der Auferstehung und der Erscheinung Jesu als Auferstandener berichten, finden wir im Neuen Testament in den Evangelien. Die jeweiligen Evangelien legen unterschiedliche Schwerpunkte (Synoptischer Vergleich = Vergleich der Evangelien: Matthäus, Markus, Lukas). Auch Paulus berichtet in einem Traditionsstück im 1. Brief an die Korinther 15 davon.

Verstehensversuche (s. auch: https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/jesus-christus/lehre-jesu/ ):

  • Rationalisierende Versuche: Jesu Leichnam wurde geraubt, Jesus war nur scheintot, an der Stelle Jesu wurde ein anderer hingerichtet, die Jesus-Figur ist eine Erfindung eines  Schriftstellers, es hat eine Massenhypnose stattgefunden, die Rede von der Auferstehung Jesu ist nur eine Metapher usw.
  • Theologische Versuche zu verstehen: Es kommt nicht auf das leere Grab und die körperliche Auferweckung Jesu an, sondern auf den Glauben.
  • Wenn wir die Evangelien genau lesen, dann erkennen wir, dass irgend etwas Außergewöhnliches geschehen sein muss. Wir können sehen, wie sehr die Evangelisten und ihre Tradition um Worte ringen, dieses Außergewöhnliche darzustellen, mitzuteilen. Jesus wird mit einer eigenartigen Körperlichkeit gezeichnet: Er wird erst daran erkannt, dass er das Brot teilt, er wird an seiner Stimme erkannt usw.
  • Vor allem das Lukasevangelium (und vgl. Paulus im Traditionsstück 1. Korinther 15) will zeigen, dass sich in dem gekreuzigten Jesus Christus mit dessen Auferstehung die Verheißungen Gottes, die im Alten Testament zu finden sind, erfüllt.
  • Was auch immer geschehen ist: Der Glaube an die Auferstehung Jesu Christi ist für den Glauben der Kirche seit Anfang an grundlegend.
  • Von daher gesehen ist es auch gleichgültig, welche der Berichte im Detail „historisch“ richtig ist: Gott hat in Jesus Christus überraschend gewirkt – die Worte, die dieses überraschende Handeln Gottes zu formulieren suchen, sprechen die jeweiligen Menschen in ihrer Individualität, Situation und Lebenserfahrungen an.
  • Damit verbunden sind: Glaube daran, dass Gott hinter den Worten und Taten des irdischen Jesus steht; dass Jesus wahrer Mensch ist – aber auch wahrer Gott; der Glaube, dass Jesus letztgültig zeigt, wer und wie Gott ist (er liebt die Menschen, sucht sie, geht ihnen nach, vergibt Sünde, nimmt sie an); Glaube daran, dass Gott den Menschen auch nach dem Tod bei sich aufnehmen wird: Auferstehung von den Toten aller – es handelt sich um eine Art Neuschöpfung. Wenn Gott Macht hatte, Jesus aufzuerwecken, hat er als Schöpfer auch Macht, andere Menschen aufzuerwecken. Das Paradies ist eher bildhafte Vorstellung. Pfingsten gehört unmittelbar mit der Auferstehung zusammen: Die Worte von der Auferstehung Jesu Christi sind für uns Menschen, die wir nur an dem kleben, was wir kennen, unglaublich. Darum ist es Gott selbst, der den Menschen durch seinen Geist für diesen Glauben öffnen muss. Das bedeutet, dass der auferstandene Jesus Christus Teil der Erfahrung des Menschen werden kann – und somit geglaubt wird.
  • Ewiges Leben – Ewigkeit: Das hat nichts mit „Zeit“ zu tun, sondern mit einem Leben bei Gott. Es ist Fülle, Vollkommenheit. (Parallel dazu: Auch bevor es Schöpfung gab, gab es keine Zeit. Zeit ist erst dann anzusetzen, als Welt wurde.)
  • Es sei darauf hingewiesen, dass die Auferstehungserfahrung mit einer Gruppe von Menschen verbunden wird. Es ist nicht ein einzelner Zeuge, es sind viele. Andere Religionen legen den Fokus auf eine Einzelperson, die vom Göttlichen ergriffen wurde oder von der Erwachung geprägt wurde: Abraham, Moses, Buddha, Mohammed. Man kann freilich auch Jesus nennen – aber die Be-Geist-erung hat dann eine Gruppe erfahren und ist als Gruppe Anfang der Verkündigung.

5. Die Besonderheit christlicher Auferstehungshoffnung

Viele (alle?) Völker und Religionen haben irgendeine Form der Erwartung an ein Leben nach dem Tod – und sei es die Erwartung des gefüllten Nichts. Sie sprechen von einer unsterblichen Seele, von einem Leben des Menschen aus Leib und Seele im Paradies, von einem irgendwas des Menschen im Nirwana, nachdem die Seele sich reinkarniert hatte, von Hölle / Unterwelt, vom Himmel – Insel der Seligen, Walhalla – , von einem Weiterleben als Geist, usw., usw.

Warum haben die Völker die Erwartung?

  • Weil der Mensch sich nicht vorstellen kann, dass dieser Aufwand, das Leben genannt wird, getrieben wird, nur, damit der Mensch dann stirbt?
  • Weil der Mensch sich aufgrund seiner Sinne als Mittelpunkt der Welt sieht – und er bleibt es somit auch nach dem Tod?
  • Weil Gott, der Schöpfer, einen Hoffnungskeim in den Menschen gelegt hat?

Wie auch immer man das alles interpretieren mag: Diese Vorstellung gibt es seit frühester Zeit an.

Worin besteht nun die Bedeutung der Auferstehungshoffnung der Christen? Sie haben die eigenartige Erfahrung gemacht, dass der hingerichtete Jesus von Nazareth trotz seines Sterbens lebt. Sie interpretierten das als Auferweckung durch Gott bzw. als Auferstehung des Sohnes Gottes. Das, was Christen erfahren haben und erfahren, verstehen sie so, dass daraus auch die eigene Auferweckung folgen wird: Ist dieser Jesus Christus auferstanden, wird Gott auch sie auferwecken. Und wie sollen sie das Unmögliche kommunizieren? Um es anderen mitteilen zu können, verwenden sie Worte und Vorstellungen aus den anderen Religionen. Sie sprechen von Seele, von Himmel und Hölle, vom Paradies…

Am Anfang steht die Erfahrung, dass Jesus Christus lebt und der Glaube, dass diejenigen, die ihm folgen, auch in dieses neue Gottesleben hinein gezogen werden, weil Jesus Christus sie liebt.

Erst danach folgt die religiöse Interpretation.

Die Konstante christlichen Redens von der Auferstehung ist die Erfahrung der Auferweckung Jesu Christi, die ihr nachfolgenden Formulierungen und Interpretationen sind variabel, weil sie der Sprachfindung und der Kommunikation dienen.

Und dass hierin eine Besonderheit des christlichen Glaubens liegt, haben die Menschen begriffen, die weltweit Jesus Christus folgen, obgleich ihre alten Religionen und Weltanschauungen ihnen auch schon Bilder des Lebens nach dem Tod mitgegeben haben. Religionen sprechen von einem Leben nach diesem irdischen Leben, einem danach. Christen sprechen von einem Jetzt (in Jesus Christus), das danach weitergeht. (Vgl. Paulus: Ob wir leben oder sterben: Wir sind des Herrn.)

An-ge-dacht 1

Schauen wir uns die Geschichte von den Emmaus-Jüngern an: Der Glaube an den Auferstandenen ist ein Prozess. Nach einem Dialog, nach Belehrung ist ein Zeitpunkt gekommen, in dem die Jünger den Auferstandenen an einem ganz bestimmten Erlebnis, in einer ganz bestimmten Situation erkennen.

Ein minilanger Prozess wird im Johannesevangelium beschrieben: Maria sieht, aber erkennt nicht, macht sich ihre Gedanken, spricht viel – und auf einmal aufgrund der Anrede Jesu: Erkennen!

Auch Paulus ist in diese Reihe einzuordnen: Er verfolgt Christen, hat sicher mit zahlreichen von ihnen gesprochen, darüber nachgedacht, hat alles abgelehnt und für dumm und gefährlich angesehen – und dann vor Damaskus das Erkennen!

Und so erging und ergeht es zahlreichen Menschen durch die Jahrhunderte und in aller Welt. Gott erhebt auch sie aus dem Staub – in den sie sich hinein erniedrigt haben. Sie verstehen nichts – und verstehen doch alles.

Manche sagen: Ich glaube nicht an die Auferstehung. Macht nichts. Der Glaube kann nicht erzwungen werden. Was vielleicht Voraussetzung ist: In Ablehnung oder Wohlwollen – die Beschäftigung mit Gott in Jesus Christus. In der Ablehnung und in der Beschäftigung ist man mit dem Auferstandenen schon auf dem Weg. Und dann? Irgendwann macht es mehr oder weniger deutlich: Klick. Und man sagt: Nicht verendet der Mensch – der Mensch wird vollendet! Gott sei Dank.

An-ge-dacht 2

An der Auferstehung scheitern wir alle: Man kann sie nicht glauben, man kann sie nicht kommunizieren (nur stotternd versuchen) – man kann sie nur erfahren.

Am Leben scheitern wir alle: Man kann nicht glauben, dass es so etwas wie Leben gibt, tote Materie beginnt zu leben, denken, lieben – weil wir Leben erfahren, können wir glauben, dass es das gibt.

An der Existenz von Etwas scheitern wir alle: Man kann nicht glauben, dass es so etwas gib wie “Etwas”, dass Etwas aus dem Nichts entsteht – oder dass nie Nichts war, sondern immer Etwas – weil wir Etwas erfahren, können wir glauben, dass es das gibt.

An der Liebe scheitern wir alle: Man kann sie nicht glauben, man kann sie nicht kommunizieren (nur stotternd versuchen) – man kann sie nur erfahren.

An der Auferstehung scheitern wir alle: Man kann sie nicht glauben, man kann sie nicht kommunizieren – man kann sie nur erfahren. Nicht erst in Zukunft, sondern schon hier und jetzt, wenn man ein Leben im Licht des auferstandenen Jesus Christus lebt.

Auferstehungs-Bilder

Die Überlieferungen von der Auferstehung Jesu Christi regen in uns Bilder an – auch wenn wir die Worte nicht verstehen, sie als unlogisch ablehnen, sie mit unserer Erfahrung natürlich nicht in Einklang bringen können.

Dunkel – schwarz – Trauer – Ende. Doch dabei bleibt es nicht: Es wird licht, hell, es geht weiter.

Die biblischen Texte liefern viel Emotion: Von der Schockstarre – hin zu aufgeregtem Hin- und Herrennen.

Einzelne Personen kommen in den Blick: Die traurigen Emmausjünger, deren Hoffnung zerstört wurde – sie geraten auf ihrem Weg, in dem zunächst mit dem unerkannten Jesus nur Worte gewechselt werden – zur Erkenntnis: Der, den wir tot wähnten – er lebt! Er redet, er handelt – wir sind nicht mehr allein! Die an das Irdische gefesselten politischen Hoffnungen wurden in den Himmel erhoben – sie wurden frei – und rannten zurück.

Maria Magdalena, weinend, rätselnd – hört in ihrer Traurigkeit und ihrer Verwirrung ihren Namen und einen Satz: Maria, was weinst du? Durch die Tränen hindurch – schillernder Glanz des Himmels.

Der zweifelnde Thomas: Erst dann, wenn ich ihn gesehen und seine Wunden berührt habe – dann glaube ich. Doch Glaube ist nicht berühren und sehen. Glaube ist Vertrauen und im Herzen spüren: Jesus Christus ist lebend, lebendig – auf eine neue Art und Weise: Er ist da und nah.

Das Bild vom weg gerollten Stein, dem leeren Grab – das Bild von dem Mann bzw. den Männern in weißen Kleidern, die erklären, was geschehen ist…

Die Auferstehungsgeschichten erwecken in unserer Seele Bilder. Hoffnungsbilder. Der Tod ist besiegt – Gott hat gesiegt. Und diese Bilder begleiten uns.

Aufgabe:

Versuche die in Dir angeregten Bilder zu malen, gegenständlich oder nur in Farben.

Die Punkte 1-5 können als Anregung verwendet werden.