Die Truman-Show

Regie: Peter Weir, Drehbuch: Andrew Niccol, 1998, Paramount

Im Folgenden wird der Film kurz dargestellt, dann vor allem auf Fragen nach dem christlichen Glauben eingegangen. Der Film als solcher ist nicht wie viele der vorangegangenen Filme mit christlicher Intention.

In dem Film geht es darum, dass für einen Menschen (Truman) eine eigene Welt aufgebaut worden ist. Ein Dorf, Himmel, Meer. Dieser Mensch wird, ohne dass er es weiß, von Kameras in all seinen Lebenslagen seit seiner Geburt gefilmt. Diese Aufnahmen werden live in der ganzen Welt ausgestrahlt. Alle Menschen im Dorf sind Statisten, die Frau, die er geheiratet hat, sein engster Freund wie die Film-Eltern – alles Statisten. Finanziert wird das ganze durch eingestreute Werbungen. Es ist eine gemachte Welt, eine falsche Welt. Dann kommt die Zeit, in der Truman langsam erkennt, dass etwas mit ihm gespielt wird, er versucht es herauszufinden, und bekommt es letztlich auch heraus. Der Regisseur (Christof), der immer auf dem Laufenden gehalten werden will liebt seine von ihm „gemachte“ Person. Am Ende kommt es zu einem Dialog – und Truman sucht die Freiheit, nicht die falsche Sicherheit.

Christliche Bezüge:

  • Unklare Geburt (vgl. Jesus).
  • Wie wird das Ende sein? Diese Frage intendiert apokalyptische Weltsicht.
  • Santa Maria, so heißt das Schiff, mit dem Truman in sein Traumland fliehen will. Santa Maria – Schiff des Columbus – Entdeckerschiff – gleichzeitig der Name der Maria: Mutter Jesu (Maria trägt Jesus [im Leib] und schützt ihn – vgl. Apokalypse des Johannes 12: Maria segelt auf der Mondsichel über den Himmel und schützt Jesus) – Schiff in die Freiheit. Das Boot bedeutet aber auch: Das rettende Boot, das die Angst überwinden hilft, die Chaosmächte überstehen lässt (vgl. Wunder der Sturmstillung). Christlich: Sich ins Ungewisse aufmachen und zu Gott gehen (Gleichnis vom Verlorenen Sohn) – aber das Böse will daran hindern (durch Zweifel, Ängste, schlimme Erlebnisse). Sich nicht kleinkriegen lassen = Glauben. Das Schiff hat die Nummer 139 = Genesis 13,9: Steht dir nicht das Land offen?… Bzw. wohl eher: Psalm 139: „Von allen Seiten umgibst du mich, Gott, und hältst deine Hand über mir“. Das ist negativ zu verstehen, wenn Christof gemeint ist, der falsche Gott, hält Truman fest; das ist positiv zu verstehen, wenn Gott es ist, der Truman aus der Hand des falschen Gottes herausholt.
  • Christof lässt einen massiven Sturm toben – Truman hängt wie tot mit ausgebreiteten Armen am Schiff – wie Jesus am Kreuz. Der Sturm lässt nach – Auferstehungssonne scheint.
  • Truman geht über Wasser wie Jesus – bzw.: die Jünger fahren im Boot über den durch Chaosmächten aufgewühlten See. Jesus geht auf dem Wasser und Petrus bittet, aussteigen zu dürfen. Auch er geht auf dem Wasser. Sinkt dann aber ein, als er kein Vertrauen mehr hat, und Jesus ergreift seine Hand und rettet ihn. Wasser als Chaosmacht, das den Vater von Truman genommen hat (er musste aus dem Film genommen werden und ist im Auge des kleinen Truman „ertrunken“), das tief innen sitzende Ängste auslöst – diese Angst wird wie bei Petrus überwunden.
  • Himmelfahrt des Truman – auf eine Treppe geht er hinauf in die Welt der Freiheit.
  • Die Welt der Freiheit ist die Welt des wahren Gottes – nicht die des falschen Gottes Christof.
  • Zu den Namen: Tru(e)-Man = wahrer Mensch; Der Name des Dorfes: Burbank = Disney Imperium in Burbank; der Freund heißt Marlon: kleiner Falke?; die Ehefrau heißt: Meryl („bloß“ Schauspielerin); der Name: Lauren/Sylvia: Siegerin (Lorbeerbekränzte)/Königin des Waldes, Luftgeister.

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Christof – kommt vom Namen Christophorus – Christus-Träger / was auf Tru(e)Man als Christus-Figur hinweist, denn der Regisseur trägt den Truman-Christus. „Christoph“ ist auch der Name von Christoph Columbus. Im Film  maßt sich der Demiurg, die böse Macht/der böse Mensch, diesen Namen an. Der Mensch, der meint, an Gottes Stelle zu stehen und eine heile Welt zu schaffen. In dieser heilen Welt ist alles hell und weiß, alles geregelt. Aber sie basiert durchweg auf Lüge (Truman wird von allen belogen – massivst belogen – sie bekämpfen ihn letztlich, als er seine Freiheit sucht – auch mit dem Hinweis, dass das nur Wunschwelten/Illusionen seien – obgleich die von Christof geschaffene Welt Illusion ist, die ersehnte Welt des Truman: Fidschi ist es nicht, die ist wahr). Der falsche Schöpfer der heilen Welt (der vom Freund Trumans angesichts des Sonnenaufgangs als Big Guy – omnipotente Macht/Gott bezeichnet wird, der Big Guy, dessen Sprachrohr der Freund ist) maßt sich Gott-Sein an – und betrügt sich im Grunde auch selbst – : ich kenne dich besser als du dich selbst! Aber seine Grenze besteht eben – anders als bei Gott – darin, dass er nicht das Denken, die Seele von Truman kennt („du hast keine Kamera in meinem Kopf“) – dazu gehört auch, dass er nicht wahrnehmen kann, dass Trumans Wunsch nach Freiheit sehr groß ist: Freiheit trotz Unsicherheit. (Könnte Truman wieder zurückkommen? – Auch, indem er sich mit Christof in irgendeiner Weise arrangiert?) Dass der angemaßte Gott – das Böse/der Böse letztlich nicht weiß, was vor sich geht, ist alte christliche Tradition: Der Satan bringt Menschen dazu, Jesus am Kreuz hinzurichten, kann aber nicht vorhersehen, dass gerade diese Untat von Gott dazu benutzt wird, den Menschen zu retten. So ist das Kreuz auch Zeichen dafür, dass Gott das/den Bösen besiegt hat.

Dass Truman bemerkt, dass er in der Welt des Bösen ist, der Welt dessen, der sich anmaßt, Gott zu sein, wird ihm gewahr durch Sylvia/Lauren. Sie ist im Grunde der Geist Gottes (hebräisch feminin: Geistin Gottes), der in diese falsche Welt eindringt, und ihm bewusst macht, dass er seine Umwelt wahrnehmen muss und so erkennt, dass es eine falsche Welt ist (so sagt sie ihm: Komm und suche mich! / der Duft der Jacke – der Duft der Transzendenz [vgl. Paulus im 2. Korintherbrief 2,16]). Truman versucht Sylvia irgendwie aus seiner Erinnerung zu fassen. Und sie tritt gegen den menschlichen Schöpfergott Christof auf und massiv für Truman ein und betet kurz vor Schluss auch den wahren Gott an, damit Truman die Freiheit wählt. Neben Sylvia ist die ominöse Lampe, die herunterfällt ein Zeichen Gottes, das letztendlich zur Erleuchtung führt: Sylvia legte den Grundstein dafür, dass er erkannte: Es gibt eine Welt außerhalb der Gewohnheitswelt – die Lampe war noch einmal ein Reminder, der ihn zunächst verunsicherte, wie auch andere „Pannen“ (Radio-Signale – auch Welt von außen).

Alles, was Truman macht, ist sinnlos. Er kann im Alltag tun, was er will, es wird vom Regisseur vorgegeben und aufgefangen: Alles ist Schein, sein Beruf, seine sozialen Kontakte… Er ist unfrei – und er trägt keinerlei Verantwortung. Dann wagt Truman es, aus dieser Welt der Scheinsicherheit auszubrechen und geht in die Welt, die für den falschen Schöpfergott einfach krank, pervers ist, sie ist nicht heil, sondern eben kaputt. Aber der Mensch in seiner Freiheit wählt diese Welt – die Welt des wahren Gottes, in der er frei leben kann. Nicht das von Menschen gemachte Paradies ist sein Ziel – sein Ziel ist das wahre Leben, das Gott schenkt. Im Film: Nicht das Leben in Seahaven ist das Paradies – Sehnsuchtsort der Freiheit ist Fidschi, der Ort Sylvias, der Ort außerhalb der heilen Welt, auch der Ort, an dem man scheitern kann (wie die Zuschauer zeigen).

Ein Blick auf die Zuschauer: Sie leben auch in Unfreiheit. Sie sind Teil des Rädchens, alle machen das, was sie machen wollen – gefangen von der Medienwelt, eben der Truman Show. Sie bejubeln, dass Truman die Freiheit wählt, weil er der Held ist, der Erlöser, der die Freiheit wählt – an ihrer statt. Jesus ist der Erlöser, der Menschen in die Freiheit führt – aber die Zuschauer im Film bleiben in ihrer Gefangenschaft – außer eben Sylvia. Die Zuschauer konnten vorher an der heilen Welt teilhaben durch das Product-Placement: Man kauft sich etwas vom Traum der heilen Welt. Das ist das, was Werbung – auch unter Aufnahme religiöser Riten und Metaphern vorgaukelt: Du kaufst dir die heile Welt.

(Bezüge zum Höhlengleichnis bzw. zur Gnosis liegen vor – aber es handelt sich im Wesentlichen um alte christliche Traditionen. Es fließen insgesamt viele Aspekte von Religion und Philosophie, Psychologie und Soziologie ein. Eine weitere Interpretation, die den Film als einen darlegen möchte, der gegen Religion gerichtet ist – ist nicht nachvollziehbar: Christof als Christus, der eine heile Welt vorgaukelt gegen Jesus, den Menschen, der die Freiheit sucht… – das lässt sich im Film angesichts all der Christus-Bezüge mit Blick auf Truman nicht begründen. Zudem heißt Christof eben „Christof“ – Christusträger, er trägt Christus, aber ist nicht Christus.)

Die Musik einer entscheidenden Stelle ist von Wojciech Kilar: „Pater Kolbes Predigt“: