SOPHIE SCHOLL. DIE LETZTEN TAGE

Drehbuch: Fred Breinersdorfer, Regie: Marc Rothemund, 2008, Warner

Sophie kommt in das Atelier, in dem ein Flugblatt gedruckt wird. Es wurde nach Stalingrad geschrieben und Sophie liest: „Wollen wir den niedrigsten Machtinstinkten einer Parteiclique den Rest unserer deutschen Jugend opfern? Nimmer mehr!“ – für die Flugblätter sind keine Umschläge mehr vorhanden. Hans will sie dann in der Uni verteilen und Sophie bietet sich an, mitzumachen. Am nächsten Tag gehen sie mit den Flugblättern los, um sie in der Uni in den Gängen zu verteilen. Als es zur Pause klingelte, gibt Sophie den Blättern einen Schubs und sie fliegen hinab. Sie mischen sich unter die Studenten, die die Hörsäle verlassen, werden dann aber doch festgenommen. Mohr von der Gestapo kommt, um den Fall zu untersuchen. Er wird in der Folge Sophie befragen. In der Befragung kommen manche Unmenschlichkeiten des Nationalsozialismus zur Sprache, die Hoffnung der kleinen Leute, wie Mohr, der durch den Nationalsozialismus nach oben gespült wurden. So spricht Mohr davon, dass Freiheit, Ehre, sittliches Staatswesen nationalsozialistische Gesinnung seien – was dann Sophie sofort entlarvt: Wie man sieht, wenn sie uns wegen eines Flugblatts verhaften und drakonisch bestrafen. Diese Antwort zeigt auch die Stärke von Sophie Scholl.

Zwischendurch in der Zelle sehen wir sie im Gespräch mit einer Mitgefangenen, Else, die auf Sophie aufpassen soll – und im Gespräch mit Gott:

„Lieber Gott, ich kann nicht anders als stammeln zu Dir. Nichts anderes kann ich, als Dir mein Herz hinhalten. Du hast uns geschaffen hin zu Dir, und unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir.“

Das Thema Religion kommt auch in einer zentralen Aussage des Verhörs vor, als es um die Ermordung Behinderter geht. Sophie sagt, dass jedes Leben kostbar sei. Mohr antwortet daraufhin, dass sei lebensunwertes Leben und Sophie kapieren müsse, dass eine neue Zeit angebrochen sei und ihre Vorstellungen nichts mit der Wirklichkeit zu tun habe. Dann sagt Sophie Scholl: „Was ich sage, hat natürlich mit der Wirklichkeit zu tun, mit Sitte, Moral und Gott.“ Mohr springt auf und faucht: „Gott gibt es nicht“

Vorher wird dem durch Nationalsozialisten missbrauchtem Gesetz das Gewissen entgegengestellt, was Mohr ablehnt: „Wo kommen wir hin, wenn jeder selber bestimmt, was nach seinem Gewissen richtig oder falsch ist?“ Sophie ist bereit, wegen ihres Gewissens, an ihrer Idee festzuhalten. Die Idee kommt noch einmal vor, indem sie von einem Traum erzählt, in dem sie die Idee, ihr Kind, rettet, während sie selbst in die Gletscherspalte fällt (im Drehbuch wird die Geschichte so erzählt, dass sie die Idee als Kind in einem weißen Kleid zur Taufe in einer Kapelle auf dem Berg tragen will).

Nachdem Sophie die Anklageschrift bekommen hatte und erfahren hat, dass sie am nächsten Tag vor Gericht gestellt werden soll, betet sie in ihrer Zelle, hinaus schauend zum Himmel: „Ich bitte Dich von ganzem Herzen, zu Dir rufe ich, `Du´ rufe ich, wenn ich auch nichts von Dir weiß, als dass in Dir allein mein Heil ist, ich bitte Dich, wende Dich nicht von mir, lieber Gott, mein herrlicher Vater! (Laut Drehbuch ist Else eine glaubende Frau und faltet mitbetend die Hände.)

Mit diesem Mut geht sie gegen den Pflichtverteidiger an, der Mitläufer des Systems ist, und in den Prozess. Else sagt ihr: Gott mit dir – und Sophie antwortet: Gott mit dir.

Die „Verhandlung“ wird unterbrochen durch die Eltern, die in den Raum eindringen. Der Vater ruft: „Es gibt noch eine andere Gerechtigkeit!“. Und Sophie bringt wieder Gott, Gewissen, Mitgefühl und Menschenrechte in ihre Antworten ein.

Nach der Verurteilung durch das Unrechts-Gericht, in dem so manches Unrecht des Regimes angesprochen wurde, sieht und spricht sie noch einmal mit den Eltern. Sophie sagt zur Mutter: „Es dauert ja nicht lange und wir sehen uns in der Ewigkeit wieder.“ Die Mutter sagt: „Gell, Sophie, Jesus.“ Und Sophie antwortet: „Ja, Mutter, aber du auch…!“.

Dann kommt der Anstaltspfarrer in die Zelle. Sophie betet: „Mein Gott, herrlicher Vater, verwandle Du diesen Boden in eine gute Erde, damit Dein Samen nicht umsonst in ihn falle, wenigstens lasse auf ihr die Sehnsucht wachsen nach Dir, ihrem Schöpfer, den sie so oft nicht mehr sehen will. Amen“ Und der Pfarrer segnet sie, nachdem Sophie ihn darum gebeten hat.

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Sophie Scholl bzw. die Weiße Rose wird im Kontext der Theodizee noch einmal intensiv angesprochen: https://evangelische-religion.de/theodizee-sophie-scholl.html

Im Film geht es um einen zaghaften Glauben der Sophie Scholl, die sich Gott öffnet, aber dann auch aus dem Gebet heraus Mut empfängt.

Zentral ist im Film allerdings, dass dem Unrechtsregime, das Unrechtsgesetze verabschiedet hat, das Gewissen, das von Gott geprägt wird, entgegengesetzt wird. Dieses Gewissen wird von Menschlichkeit bestimmt, von Freiheit (die auch die Kirche gewährt, im Gegensatz zum Nationalsozialismus, was ich oben nicht aufgenommen habe), von Mitgefühl. Gewissen steht über dem unrechten, grausamen „Recht“, steht gegen die Mehrheit. Es lässt festhalten an dem, was richtig ist, auch wenn sich die Zeiten geändert haben sollten, wie die Mächtigen suggerieren, um das Unrecht durchzusetzen und eben auch eine Sprachverwirrung verursachen: Böses wird gut genannt und Gutes als Böse geahndet.

Zudem korrelieren in dem Film die Erwartung der Auferstehung, das Leben bei Gott/Jesus, und dass die Menschen, die Gott jetzt nicht sehen wollen, sich Gott öffnen mögen und der Same Frucht bringe.