KIRCHE UND MEDIEN

Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der euch nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt (1. Petrusbrief)

Das Christentum ist eine Medienreligion: „Weil Gott nicht Teil unserer wahrnehmbaren Wirklichkeit ist, ist seine Realität kaum ohne Medien vermittelbar. Die christliche Glaubensvorstellung von Gott und einer höheren Wirklichkeit, welche die sichtbare Welt unsichtbar durchdringt, hat in gewisser Weise `virtuellen´ Charakter.“ (Evangelischer Erwachsenenkatechismus, Gütersloher Verlagshaus, 9. Auflage 2013, 460)

A) Geschichte der Kirchen und Medien (auch Architektur als Kommunikationsform und Musik usw.)

Christen haben schon seit Beginn die medialen Möglichkeiten benutzt, die ihnen zur Verfügung standen – und auch neue ausgedacht, um ihre gute Botschaft weiter zu sagen. Christlicher Glaube ist innovativ, weil er immer nach den besten Möglichkeiten sucht, Gottes Wort zu verkündigen:

 A: ANTIKE

1. Jahrhundert: Es begann in Israel/Judäa: Jesus aus Nazareth + Paulus von Tarsus + frühe Christen: Rede und soziale Tat gehören zusammen. Neue Gattungen wurden entwickelt: Evangelien, Briefe, Apostelgeschichte. In Briefen eingefügt wurden: Bekenntnisse, Lieder… Im Zusammenhang der Gottesdienste durch die folgenden Jahrhunderte hindurch fand zwischen den Gottesdienstbesuchern eine intensive Kommunikation zur Bewältigung des Alltag-Lebens statt (Austausch von Infos, Neuigkeiten des Wohnumfeldes, Handel, Eheberatungen, Kindererziehung, persönliche Hilfestellungen…)

(Kommunikationsstrategie Jesu: a) er erwählte 12 bzw. 70 Jünger, die er aussandte, um seine Botschaft weiterzutragen; Wunder führten dazu, dass alle Zeugen als Multiplikatoren dienten. Kommunikationsstrategie des Paulus: Er gründete überwiegend in Großstädten Gemeinden, die dann die Botschaft ins Umland weiterbrachten. Zur Festigung der Gemeinden schrieb er Briefe, die er mit seinen Schülern in die jeweiligen Städte sandte. Diese wurden – wie andere Schriften von Christen auch – dann aber auch eifrig abgeschrieben und als Schrift weiter gegeben.)

2. Jahrhundert: Christen haben den Codex (die Buchform) der Rolle vorgezogen und auch innovativ weiterentwickelt, während Nichtchristen überwiegend noch die Rolle verwendeten. Zusammenstellung der Bibel zum Kanon (die Botschaft wurde zusammengefasst – konzentriert und ist damit wirkungsvoller zu vermitteln). Älteste christliche Skriptorien in Alexandria (sie dienten der Vervielfältigung von Bibeln). Gattungen wurden entwickelt: Apologien (Verteidigungsschriften an Kaiser, verfasst durch den in Rom lebenden Justin, den Griechen Athenagoras, dem Nordafrikaner Terullian…), Märtyrertexte aus weiten Bereichen des römischen Reiches.

3./4. Jahrhundert: Älteste bislang bekannte christliche Kunst – Gemälde auf Grabmälern Roms: Kalistuskatakombe (Abendmahl; Jesus als Hirte) und Domitillakatakombe (Jesus als Lehrer), Via Latina Katakombe (Auferweckung des Lazarus), Christliche Elfenbeinkunst. Beginn christlicher Geschichtsschreibung (Eusebius; vgl. aber Evangelien und Apostelgeschichte: 1. Jh.). Große christliche Theologen (z.B. Origenes, Athanasius, Basilius, Augustinus). Singen christlicher Lieder in Familien. Weiterführung christlicher Liturgien (Basilius+Ambrosius). Gründungen zahlreicher Klöster. Heliodor schrieb den Liebesroman: Aithiopika, in dem (vermutlich) christliche Ethik (Keuschheit und Treue) verarbeitet wurden. Gilt als der beste erhaltene Roman der Antike. Armenien war der älteste christliche Staat: Die armenischen Teppichknüpfer haben alte Kreuzsymbole übernommen und aus christlichem Glauben heraus weiter geführt, auch mit den Anfangsbuchstaben für Gott und Jesus versehen. Diese Motive werden im gesamten Orient bis in die Gegenwart hinein verwendet, wenn man sie auch nicht mehr christlich zu deuten weiß. Es entwickelte sich in den nächsten Jahrhunderten eine reichhaltige religiöse Symbolik, zum Beispiel: Kreuz, Fisch, Christusmonogramm. Die ersten autobiographischen Notizen einer Frau schrieb Perpetua, die auf ihre Hinrichtung wegen ihres christlichen Glaubens im Jahr 203 wartete. Dann auch durch Tiere im „Zirkus“ zerrissen wurde.

4./5. Jahrhundert: Entwicklung der Gregorianik (Gesang). Didaktische Bedeutung der Malerei. Baptisterien (Taufhäuser) – Vermehrter Bau von Kirchen (Basilika). (= Kommunikation mit Hilfe von Architektur). Viele Skriptorien. Wulfila übersetzte die Bibel ins Gotisch. 5. Jh. Berühmte Mosaiken zum Beispiel von Ravenna (Galla Placidia). Augustinus hat als erster über Takt, Pausen und Synkopen in der Musik geschrieben und mit seinen „Bekenntnissen“ die wohl erste und einflussreichste Autobiographie eines Mannes in der Ich-Form. Ikonen (auf Holz gemalt) und Mosaiken in Byzanz, in der koptischen und äthiopischen Kirche – vermutlich auch Wandmalereien. Ikonen sind nicht plastisch, sondern flächig gemalt, um zu zeigen: Es geht nicht um Menschen, es geht um Göttliches. (4.-6. Jahrhundert Unruhen in Europa aufgrund der Völkerwanderungen). 427 hat Theodosius I. die Universität in Konstantinopel reformiert.

B: MITTELALTER

6./7. Jahrhundert: Bibel Illustrationen beginnen (weitgehend auf Pergament), zum Beispiel: Book of Durrow (Irland), Rabbula Evangeliar (Syrien) – vor allem aber aus dem 6. jahrhundert: der Codex purpureus Rossanensis aus Syrien – ein mit Purpur koloriertes Matthäus/Markusevangelium (gehört zum UNESCO Weltdokumentenerbe), das gilt auch für den Codex Beratinus 1 – Purpurgefärbte Blätter mit Silber beschriebenes Neues Testament und aus dem frühen 6. Jahrhundert stammende Wiener Genesis aus Syrien; ein Buch, das mit zu den ältesten erhaltenen Bibeln mit Bildern zählt. Der Kaiser Justinian I. hat auch eine Gesetzsammlung veranlasst (Codex Justinianus) die bis in die Neuzeit Bedeutung hatte. Die Hagia Sophia wurde in seiner Zeit gebaut: Kuppelbasilika (Konstantinopel). Bedeutsam aus dieser Zeit sind Wandmosaiken mit Goldglanz und Glassteinchen. (Langsamer Beginn intensiver Mission in Mitteleuropa: Iroschottische Mönche.) 

7./8. Jahrhundert: Karolingische (in etwa Frankenreich) Bildungsreform – Übertragung der Bildung auf Klöster: Antike Schriften wurden kopiert, Austausch von Errungenschaften europäischer Kultur durch die überall existierenden Klöster. Zudem haben Klöster auch dazu beigetragen, antike Schriften zu überliefern. Klosterbibliotheken wurden angelegt (z.B. St. Gallen: 2100 alte Handschriften [spannende Geschichte!: Wiborada]) (sie gingen in der Neuzeit vielfach in die staatlichen Bibliotheken über). Entwicklung von Pfalzkapellen – späteren Hofkapellen. Auch Glocken dienen der Kommunikation, nicht nur Gebetszeiten, Tageszeiten, sondern auch Warnung. Entwicklung der Keltenkreuze (irisches Kreuz) – sie markierten Treffpunkte. In Byzanz wurde heftig um die Frage gestritten: Darf man als Christ Bilder malen und haben? Werden Bilder angebetet – also wie unter Heiden? Ein Bildersturm vernichtete viele Ikonen. In England entstand das Evangeliar von Lindisfarne. Die scriptio continua (Worte werden ununterbrochen aneinandergereiht) wurde zuerst von irischen Abschreibern der Bibel nicht mehr durchgehend angewandt. Der nestorianische Bischof Severus Sebokht (Syrien) übermittelte die „arabischen Zahlen“ (eigentlich: „indische Zahlen“) aus Indien an die muslimische Kultur.

9./10. Jahrhundert: Bilder = Bibel der Armen. Bibel-Übersetzungen. 9. Jh. Otfried von Weißenburg führt Endreim statt Stabreim ein. Er war der erste, der die deutsche Sprache intensiv verwendet hat und die Verwendung auch begründet. Das zeigt er an seinem Evangelienbuch. In 5 Büchern wird das Leben Jesu dargestellt. Der Mönch Notker III. hat Werke z.B. des Aristoteles und des Boethius in die deutsche Sprache übertragen und neben vielen anderen ein Werk über die Musik geschrieben. Im Zusammenhang der Übertragung hat er zum Beispiel Boethius mit dem christlichen Glauben verbunden. Christliche Texte waren wichtig für die Entwicklung der althochdeutschen Sprache. So gibt es die Übersetzung der Evangelienharmonie des Tatian (Althochdeutscher Tatian) bzw. die Übersetzungen von Werken des Isidor von Sevilla (560-636) (Althochdeutscher Isidor). Deutsch wurde immer stärker als Schriftsprache entwickelt. Es wurde auch fähig, dichterische und wissenschaftliche Texte aussprechen/übersetzen zu lassen. So wurde sie mit Hilfe christlicher Texte immer stärker zu eine Sprache, die des Latein ebenbürtig war. * An dieser Stelle darf die hohe Kunst der Byzantiner und damit die Länder, die von der orthodoxen Kirche besonders beeinflusst wurden (Russland, Griechenland u.v.a.) nicht übergangen werden. Es gibt so viele Werke, dass sie gar nicht aufgezählt werden können. Das gilt auch für die kommenden Jahrhunderte – erst durch die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen / Türken (1453) bereiteten dieser hohen Kunst ein Ende. Angesichts dieser Kunst ist die europäische Kunst aufgrund der vollkommen anderen Lebenssituation sehr viel einfacher und ärmer. Sie beeinflusste auch die mitteleuropäische Kunst.

Spannend ist in diesem Zusammenhang auch die „Exhortatio ad plebem christianam“ (Anrufung an das christliche Volk). Es handelt sich um die Rede eines Priesters, in der er fragt:

Wie kann sich ein Mensch Christ nennen, der diese wenigen Worte des Glaubensbekenntnisses, durch die er geheilt wird, und durch die er genesen wird und der auch die Worte des Herrengebets, die der Herr selbst als Gebet einsetzte, wie kann der ein Christ sein, der das nicht lernen und in seinem Gedächtnis behalten will?“ Zitiert nach: Stephan Müller (hg, übersetzt, kommentiert): Althochdeutsche Literatur. Eine kommentierte Anthologie, Reclam, Stuttgart 2007)

Hier wird die Bedeutung des Auswendig-Lernens als mediales Ereignis erkennbar.

Karl der Große gründete Malerschule. 10. Jh. Roswitha v. Gandersheim schreibt Dramen. Mit dem Egbert Codex (Kloster Reichenau) haben wir die älteste erhaltene bildliche Darstellung des Lebens Jesu. Entwicklung des mehrstimmigen Gesangs (Organum). Neben großen Kirchen entstanden zahlreiche Kapellen. (Christentum in Mitteleuropa etabliert.)

10./12. Jahrhundert: Der älteste gewebte europäische Bildteppich, der Abrahamsteppich (Dom Halberstadt). Baustile: Romanik, Gotik (z.B. Kathedrale von Chartres – Bau von 1194-1260). Der Mönch Guido von Arezzo erfand die Notenschrift (vorher: Buchstaben). Franz von Assisi gründete (1210) den Franziskaner-Orden, wenig später wurde der Dominikaner-Orden gegründet. Beide waren sehr stark auch in der Bildung (und vor allem die Dominikaner im Kontext der Überprüfung der Rechtgläubigkeit) tätig (eine systematische Durchdringung christlichen Glaubens mit dem Verstand führte zur Verfolgung von „Häresien“ – führte letztlich zur Kommunikationsverweigerung, -abbruch, -verhinderung). Ab dem 11. Jahrhundert entwickelten sich schrittweise wissenschaftliche Schulen (der Abt Lanfranc von Canterbury) – vor allem Kathedralschulen in Städten – und somit Entwicklung zu Universitäten (Parma [962], Bologna [1088], Paris, Oxford [beide Anfang 13. Jh.]usw.). Das heißt zunächst einmal, dass Menschen intensivst religiös argumentieren lernten (Scholastik). Argumentieren bedeutet: unterschiedliche Meinungen wahrzunehmen – es entstanden viele große Werke bis heute einflussreicher Theologen (z.B. Anselm von Canterbury, [11. Jh.], Thomas von Aquin [13. Jh.]). Herrad, Äbtissin von Landsberg, erstellte eine Enzyklopädie, ein Lehrbuch: Garten der Köstlichkeiten. Hildegard von Bingen schrieb zahlreiche Werke (Visionen, Medizinische Werke, Musik). Runensteine von Harald Blauzahn (Bluetooth) mit Bekenntnissen seines christlichen Glaubens liegen vor (Der Herrscher Blauzahn war sehr kommunikativ. Die Runen H.B. bilden das bekannte Logo. (Christianisierung Europas auch im Osten und Norden. Älteste erhaltene Stabkirche Norwegens.)

13. Jahrhundert: Passionsspiele: Das Leiden Jesu wurde „gespielt“ – damit hat man sich in das Leiden eines anderen hineinversetzen gelernt. (Negativ ist allerdings, dass manchmal Passionsspiele dazu führen konnten, dass man Juden verfolgte.) Deutsche Mystik (Meister Eckhart) und Frauenmystik (z.B. Mechthild von Magdeburg) entwickelte eine neue praktizierte christliche Frömmigkeit, der Moment der Vereinigung/Verbundenheit mit Gott – darüber hinaus haben sie viel zur Weiterentwicklung der deutschen Schriftsprache beigetragen. Durch Kreuzzüge kamen viele Einflüsse aus Vorderasien nach Europa (allerdings vorher auch schon durch die Nähe zu Byzanz) und durch Marco Polo kamen Anregungen aus Asien.

14./15. Jahrhundert: Die „Devotio moderna“ erreichte manche Menschen. Das heißt: Es kommt auf Innerlichkeit, Andacht an, auf die persönliche Beziehung zu Jesus Christus. In diesem Zusammenhang waren Bilder wichtig, Bilder vom Leiden Christi, in die man sich hinein versenkte: Maler zum Beispiel: Giotto, Rogier van der Weyden, Hans Baldung Grien. Wichtig wurde das Werk des Thomas von Kempen: Imitatio Christi. Weil mehr geschrieben wurde, wurde ab dem 14. Jahrhundert Papier verwendet. Bücher wurden billiger. Ein Meister darin, mit Worten Bilder zu erzeugen war Dante Alighieri (Divina Commedia); er hat die Nachwelt und die italienische Sprache sehr stark beeinflusst.

C: RENAISSANCE (1490-1600) / BAROCK (1590-1720)

15./17. Jahrhundert: Maler/Bildhauer z.B. Michelangelo Buonarroti; Schnitzer (Veit Stoß, Tilman Riemenschneider). Gutenberg erfindet die beweglichen Lettern. Vor allem wurden Druckereien in Städten mit Bischofssitzen gegründet: Ziel war die Versorgung von Geistlichen mit Texten. Die Erfindung Gutenbergs fördert die Verbreitung protestantischer Flyer und Schriften Luthers (Auflage der Bücher: 1000 und mehr [andere Druckerzeugnisse vor und neben Luther: Auflage: 300]). Bibelübersetzung: Deutsch – prägte die deutsche Sprache (bis zum Tod Luthers über 300 Bibelausgaben). 1559 katholische Kirche – Verhinderung von Kommunikation: Index verbotener Bücher. Luther verkündete auch mit Musik und Liedern. Christlich-humanistische Bildung (Melanchton). Liederdichter: Paul Gerhardt. Erste Orgeln im Gottesdienst: Klang füllt Raum zum Lob Gottes – Gott füllt den Menschen durch Klang. Im 15. Jh. zahlreiche Gründungen von Kapellen. Es wurden auch viele kleinformatige Andachtsbilder gemalt, so zum Beispiel von Barbara Longhi. Der Kardinal Richelieu (ein Machtmensch, der laut seines Testamentes Nudging bevorzugte) initiierte die erste französische Zeitung (1631: La Gazette) und förderte die französische Sprache und Kunst.

D: ROMANTIK (1780-1830)

17./18. Jahrhundert: Kommunikation über Hausgemeinden, Predigt- und Bibel-Diskussionsrunden (Konventikel)(Spener). Komponisten: Corelli, Vivaldi, Albinoni, Mozart, Bach, Händel… Der Pfarrer, Philosoph, Musiktheoretiker Kohannes Lippius begründete mathematisch (der göttlichste Teil) die Harmonienlehre. Maler: Rembrandt. Gründung der Cansteinschen Bibelanstalt: Druck preiswerter und vieler Bibeln für Arme. Erfindung des „stehenden Satzes“ (Buchdruck).

E: REALISMUS / IMPRESSIONISMUS / JUGENDSTIL / EXPRESSIONISMUS u.v.a. und GEGENWART

19. Jahrhundert: Gründung von Verlagen die der (christlichen) Bildung dienen sollten 1835 wurde zum Beispiel der C. Bertelsmann-Verlag von dem der Erweckungsbewegung angehörenden Carl Bertelsmann gegründet, der gegenwärtig einer der größten Medienunternehmen weltweit ist; der Schwerpunkt liegt allerdings nicht mehr auf christlichen Medien. Schreibmaschinen – erleben unter anderem in den USA ihren Durchbruch, weil christliche Frauengruppen Frauen an ihr zu Sekretärinnen ausbilden (vorher gab es nur Sekretäre). Komponisten: Felix Mendelssohn-Bartholdy. Maler: Caspar David Friedrich. Als Pendant zur weit verbreiteten „Zeitschrift“, die Gartenlaube (1853-1872 [1944]), wurde 1864 ein christliches „Daheim: ein deutsches Familienblatt mit Illustrationen“ herausgegeben [1864-1943].

20. Jahrhundert: Kirche in Rundfunkräten (Radio, TV). Zahlreiche kirchliche Printmedien. Kirchliche Filmpreise und Filmvertrieb, Medienkongress, Medienakademie. Bibel-TV, Musik: Spirituals und sehr viele Kirchenkonzerte. Künstler weltweit malen, komponieren, dichten – kommunizieren auf diese Weise die christliche Botschaft. Mega-Churches mit einem umfassenden Angebot: Bildung, Gesundheit, TV… Ebenso Massenereignisse: Kirchentag und internationale Zusammenkünfte: Taizé, katholischer Weltjugendtag. Zudem gibt es zahlreiche christliche Sender, die versuchen, Menschen in den Ländern zu erreichen, in denen persönliche Mission kaum möglich ist (z.B.  SAT-7; Infos: https://de.wikipedia.org/wiki/Christliche_Medien_im_Nahen_Osten ). Darüber hinaus sind auch all die sozial engagierten Organisationen (NGOs) zu nennen: World Vision, Misereor, Brot für die Welt usw. Wie bei Jesus: Reden und Tun gehören zusammen. Dazu auch die WWJD-Aktion (What-Would-Jesus-Do), die mit Armbändern Menschen motiviert, die Moral aus der Perspektive Jesu zu leben. Zudem: Telefonseelsorge, Internetseelsorge. Geändert hat sich vielerorts das, was im Kontext des 1. Jahrhunderts geschrieben wurde: Gottesdienste sind heute anders als damals häufig nicht mehr so relevant für Informationsaustausch/Prägung von Weltbildern unter den Gottesdienstbesuchern, was auf den Gottesdienstbesuch Auswirkungen hat. Der Informationsübermittlung/Prägung von Weltbildern dienen heute säkulare Medien – ersetzen damit die Bereiche, die religiöse Zusammenkünfte immer begleitet haben. Dennoch besuchen ca. 770.000 sonntäglich evangelische Gottesdienste und 2,9 Millionen katholische Gottesdienste (mehr als in 18 Bundesligastadien: 872.000). Christliche Symbolik (s. 3./4. Jahrhundert) wurde bislang nur im Kontext von Ideologien (z.B. Nationalsozialismus, Kommunismus, Islamismus) zurückgedrängt – wird heute auch eingeschränkt mit dem Argument: „Neutralität“. Dass Christen außerhalb Europas und Nordamerikas den christlichen Glauben prägen und ihm neue Impulse geben, ist aus meiner Perspektive das wesentlich Neue des 20./21. Jahrhunderts.

21. Jahrhundert: Starke Internetpräsenz der Kirchen und einzelner christlicher Gruppen bzw. einzelner Christinnen und Christen weltweit. Angeregt durch Netflix (1997) wurde das christliche Pureflix (Film Produktion und Vertrieb) 2005 gegründet, dazu gehört das international agierende Quality Flix.

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(Siehe auch: https://evangelische-religion.de/main-points-und-kunst.html )

Neue Kommunikation des Glaubens: Gotteserlebnisse contra Gottesvorstellungen (21. Jahrhundert)

Die Lieder, die vielfach Menschen bewegen, bestehen in vielen Wiederholungen. Sie besingen die Heiligkeit, die Stärke Gottes, die Liebe und Nähe Jesu, die Befreiung durch Gott – diese Inhalte werden Gott/Jesus Christus/Geist Gottes lobend emotional aufgegriffen – entsprechend ergreifen sie die Menschen. Der Glaube ist kein Thema der Theorie, sondern Ausdruck des Lebens. Die filmische Umsetzung auf Youtube selbst ist eine Kunst und zeigt, dass in Afrika Lieder vielfach in Alltagskontexte eingebunden werden, während im asiatischen Raum die Darstellung vielfach dem europäischen Duktus entspricht (einzelne Bilder werden unterlegt mit den Songs). Ebenso sind die Chöre in Afrika weniger an ein Gebäude gebunden, während sie im asiatischen und euro-amerikanischen Raum im Gebäude dargeboten werden. Allerdings nehmen diese Clips auch aus Afrika zu, wohl aufgrund der Mega-Churches: Life gesungene Lieder werden vielfach in Kontexten gezeigt, in der Menschenmassen hören, singen, in Ekstase geraten. Das zeigt, dass auf dieser Ebene Gemeinschaft mit Gott und den Menschen empfunden wird. Die Sprache der Psalmen ist sehr prägend, allerdings spielen Klagen kaum eine Rolle. Es geht um ein Einstimmen in den Willen Gottes, darum, mit dem Geist Gottes gefüllt zu werden. Es geht nicht um eine Darlegung des Lebens Jesu oder der Frage nach der Existenz Gottes, dem abstrakten philosophischen Denken und um ein rationales Erfassen Gottes: Er – als der dreieinige Gott – wird aufgrund des Geistes Gottes/Jesu Christi mit allen Sinnen erfasst. Aus dieser Erfahrung heraus wird auch sozial-missionarisch gehandelt.

Das Menschenbild ist interessant: Während große Teile der euro-amerikanischen Intellektuellen den Menschen als Verstandeswesen sehen, wird der Mensch weltweit stark als ein Wesen angesehen, das Verstand und Emotion hat. Die Emotion muss auch zu ihrem Recht kommen – vor allem auch, weil das Gehirn Erfahrungen und Sachverhalte mit Hilfe von Emotionen vernetzt. Ein Problem ist nur dann vorhanden, wenn die Emotion den Verstand verdrängt. Das wird auch in modernen christlichen Filmen deutlich ( https://evangelische-religion.de/filme.html ).

Die Bilder von Gemälden aus aller Welt zeigen eine Inkulturation an: Biblische Themen werden in die bildnerische Sprache eigener Kultur umgesetzt.

Aufgabe:

  • Versuche anhand geographischer Angaben – in Verbindung mit den Zeitangaben – den Weg des Christentums von den Anfängen bis zum 21. Jahrhundert weltweit darzustellen.
  • Erstelle eine Liste – die Medien den jeweiligen Jahrhunderten zuweisen: Welche Medien werden in dem Abschnitt seit dem 1. Jahrhundert genannt? (Ergänze: Reden – Buch – Bild – Architektur – Musik – Internet)

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B) Medien und Macht

Medien dienen nicht nur der Kommunikation – hier der religiösen Kommunikation. Sie kommunizieren nicht selten auch Macht und Reichtum. Vielfach wurden in der Vergangenheit als Ausdruck der Zeit christliche Traditionen dazu verwendet, diese Macht zu zeigen. In jeder Zeit ist an der Kommunikation erkennbar, wer die Macht hat: Wer kommt zu Wort? Wie wird Wirklichkeit (politische, soziale) kommuniziert? Welche aktuellen Strömungen werden medial aufgegriffen und verstärkt? Was wird verschwiegen, kleingeredet? Welche Wege finden die „Tonangebenden“, um ihre Sicht durchzudrücken? Dabei darf man nicht nur an einzelne Menschen denken, sondern muss auch größere Komplexe wie Parteien, Wirtschaft, NGOs, Medienanstalten usw. im Blick haben. Durch die gesamte Kirchengeschichte hindurch waren es jedoch nicht nur reiche und mächtige Individuen und Gruppen, die die Botschaft Jesu Christi lebten und weitersagten, sondern vor allem auch Menschen, die nicht im Rampenlicht standen: Eltern, Kinder, Großeltern, Nachbarn, Berufskollegen, Freundinnen und Freunde, Verfolgte… – unabhängig von Macht, sondern aus Liebe. Während vor wenigen Jahrhunderten Christen mediale Vormacht hatten, haben verstärkt immer mehr Gegner von Christen mediale Macht. Christenkritik wird auf vielen Ebenen dominant.