KIRCHENGESCHICHTE IN DER NEUZEIT

Ein paar politische Daten – vor allem mit Blick auf Deutschland (mit Betonung der Kommunikation/Medien: s. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/film-musik/kirche-und-medien/ )

16. Jahrhundert: Beginn der Emanzipation von der römisch-katholischen Kirche.

  • 1500: Entdeckung Brasiliens; 1530: Eroberung des Inka-Reichs → Missionierungen.
  • 1517: Beginn der Reformation – Martin Luthers „Thesenanschlag“ → Lutherische Kirche.
  • 1518: Der erste Schwarzafrikaner wurde 1518 im Kongo zum Bischof geweiht (das Christentum wurde dort jedoch wieder bis ins 19. Jahrhundert zurückgedrängt).
  • 1521: Ächtung Luthers durch den Kaiser – dennoch treten Staaten für Luther ein → Nationenbildung wird verstärkt.
  • 1529 + 1532: Türken belagern Wien + Rückzug; 1532 war man besser auf den Angriff vorbereitet: christliche Truppen aus allen Teilen Europas verteidigten Wien.
  • 1530: Letzte Kaiserkrönung durch einen Papst.
  • 1534: Anglikanische Kirche entsteht: Heinrich VIII. bricht wegen seiner Ehewünsche mit Rom.
  • 1535: Zwingli/Calvin → Reformierte Kirche (vor allem Schweiz + Niederlande)
  • 1539: Jesuitenorden gegründet (Ignatius von Loyola): bis hin nach Asien sehr einflussreich auch in politischer Tätigkeit.
  • 1545-1563: Konzil von Trient: Bruch mit dem Protestantismus, Erneuerungen in der katholischen Kirche.
  • 1555: Augsburger Religionsfriede (cuius regio, eius religio): ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Glaubensfreiheit; Glaube ist zwar – wie in der Zeit germanischer Stämme – noch abhängig vom jeweiligen Herrscher, aber nicht mehr von einer politisch-religiösen Zentrale.
  • 1563: Beginn der Gegenreformation: Versuch der römisch-katholischen Kirche, alte Machtverhältnisse wieder herzustellen.
  • 1572: Bartholomäus-Nacht: Spannung zwischen Hugenotten / Calvinisten und Katholiken entladen sich in Frankreich auf äußerst brutale Weise durch einen Überfall auf wehrlose Protestanten – wahrscheinlich angestachelt durch die Mutter des Königs: Katharina von Medici, die den Einfluss eines Hugenotten-Generals auf den jungen König verhindern wollte. Getötet wurden bis zu 15.000 Männer, Frauen, Kinder. Papst Gregor XIII. zeigte danach seine ganze Unmenschlichkeit.

17. Jahrhundert: Auseinandersetzungen

  • 1608-1609: Militärische Unionen protestantischer Mächte und katholischer Mächte.
  • 1613-1626: Ermordung der Christen in Japan – weitgehend Ausrottung des Christentums.
  • 1618-1648: 30jähriger Krieg (Zerstörung – Ver-Heer-ung – großer Teile Mitteleuropas; 6 Millionen Tote?) (zum Teil jedoch auch Bündnis von Protestanten + Katholiken gegen andere Bündnisse von Protestanten + Katholiken).
  • 1620: Puritaner wandern nach Amerika aus.
  • 1640: erste Baptistische Gemeinden in den USA/England; das bedeutet: Einzelne Menschen stehen wieder zu ihrem Glauben und ordnen sich nicht mehr glaubensmäßig den jeweiligen Herrschern unter.
  • 1648: Westfälischer Friede: 30jähriger Krieg wird beendet; Religionswechsel soll geduldet werden.
  • 1649: Das puritanische Parlament schaffte in England die Monarchie ab – Cromwell förderte die Demokratie (erste geschriebene Verfassung und begründete den Commonwealth), war selbst aber zum Teil brutal und diktatorisch, vor allem im katholischen Irland und gegen Katholiken. (Vorangegangen war ein lange schwelender Konflikt, der bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreichte {Versuch durch Königin Mary [Bloody Mary] den Katholizismus durchzusetzen, wie auch durch den Angriff der katholischen spanischen Armada 1588 gegen Elisabeth I., die den Protestantismus durchsetzte; der Angriff war schon eine Art Kreuzzug – allerdings ging es auch um gesellschaftliche Konzepte: Feudalismus gegen aufkommendes Bürgertum}).
  • 1675: Philipp Jacob Spener: Betonung der Eigenverantwortung des Christen in Glaubensfragen; man soll sich nicht auf Priester / Pfarrer berufen, man ist selbst verantwortlich vor Gott → Bibel-Laienbewegung. Diese Bewegung des „Pietismus“ führte zu zahlreichen sozialen Tätigkeiten: Glauben heißt, gute Werke zu tun (z.B. August Hermann Francke; Wichern „s. Diakonie“).
  • 1683: 2. Türkenbelagerung von Wien – Zurückschlagung der Belagerung durch gemeinsame Anstrengungen der christlichen, europäischer Staaten. Weite Zurückdrängung der Angreifer. Kirchen (orthodoxe und katholische) konnten wieder in Südosteuropa Fuß fassen. Der Islam war keine Bedrohung mehr.

18. Jahrhundert: Individualisierung + Emanzipation von Kirche

  • Was im 16. und 17. Jahrhundert begann, wurde verstärkt weitergeführt:
  • Ca. 1740: Wesley: Erweckungsbewegung in Großbritannien → Methodisten. Erweckungsbewegungen bedeuten immer auch Emanzipation des glaubenden Menschen von Vorgaben der politischen und religiösen Institutionen.
  • Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts: Aufklärung (Voltaire, Kant): Kritik an Kirche und ihrer Verflechtung mit der Politik, Rationalisierung des Glaubens.
  • 1789-1799 Französische Revolution, Ziel: Abschaffung des Christentums; Papst wurde abgesetzt. Massive Christenverfolgung. Über 50.000 Tote.

19. Jahrhundert: Ersatz für Kirchen: aufkommende Ideologien

  • 1841: Ludwig Feuerbach: Nicht Gott schuf den Menschen, sondern der Mensch schuf sich Gott.
  • 1842: Karl Marx/Friedrich Engels – Soziale Missstände wurden angeprangert. Da Kirchen daran beteiligt waren bzw. nur wenig dagegen unternommen haben, lösten sich benachteiligte Schichten durch Kommunismus/Sozialismus von Kirchen. Nicht mehr die Kirche stand im Fokus der Kritik, sondern (wie bei Feuerbach) der Glaube selbst.
  • 1848: Beginn der intensiven sozialen Tätigkeit der evangelischen Kirche durch Gründung der „Inneren Mission“ = Diakonie (Johann Hinrich Wichern).
  • 1848: Charles Darwin (Evolutionstheorie): Nicht Gott schuf den Menschen, sondern er ist Folge einer langen geschichtlichen Entwicklung der Lebewesen.
  • 1871-1878: Kulturkampf in Deutschland/Preußen: Katholische Kirche = feindliche Macht; Bismarck lenkte ein, als er sah, dass die Katholiken zusammenrückten: Katholische Zentrumspartei bekam immer größere politische Bedeutung.
  • 1894-1909/1933: Massaker an den christlichen Armeniern und Aramäern durch Osmanen (um 2 Millionen Tote durch den Genozid).

20. Jahrhundert: Befreiung der Kirchen von ihrer Macht über Staaten und Verfolgungen durch Ideologien und: Trennung von Kirche und Staat – neue internationale Perspektive der Kirchen

  • 1900: Boxeraufstand in China: 10.000e von Christen wurden ermordet.
  • Beginn des 20. Jahrhunderts: Entstehung der Pfingstbewegung: Betonung des Heiligen Geistes.
  • 1914-1918: Erster Weltkrieg; Abdankung des Kaisers – dem Chef der Protestantischen Kirche. Das führte zu einer Neuorientierung der Evangelischen Kirche in Deutschland.
  • 1917: Oktoberrevolution in Russland: Massive Christenverfolgung durch Kommunisten. Durch Lenins „Roter Terror“ – der nicht allein Christen betraf – bis zu 1 Million Tote; später allein durch Stalin über 3 Millionen Tote. Der Kommunismus sah sich als Atheismus an.
  • 1932-1937: Massive Christenverfolgung in Spanien durch Kommunisten, später Verfolgung von Kommunisten durch Faschisten..
  • 1933-1945: Herrschaft des Nationalsozialismus (Hitler) (über 7 Millionen Tote – allein in KZ). Weitere Tote bis 70 Millionen.
  • 1945: Gründung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): Gemeinschaft lutherischer, reformierter und unierter Kirchen in Deutschland.
  • 1948: Gründung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK): Weltkirchenrat: protestantische Kirchen aller Welt wollen zusammenarbeiten + Orthodoxe Kirchen.
  • 1962-1965: 2. Vatikanisches Konzil: Öffnung der römisch-katholischen Kirche.
  • 1966: Mao setzte in China den Kommunismus durch: zahllose Christen fielen dieser Ideologie zum Opfer (vermutlich hat die Politik über 45 Millionen Menschen das Leben gekostet).
  • 1973: Leuenberger Konkordie: Protestantische Kirchen (Lutheraner, Reformierte → Altar- und Kanzelgemeinschaft)
  • 1989: Durch den Zerfall der kommunistischen Staaten gibt es wieder freiere Beziehungen der Kirchen von Ost und West. Neue Entfaltungsmöglichkeiten der Kirchen Osteuropas.
  • 2000: Papst Johannes Paul II. bittet um Vergebung für alle im Namen der Kirche begangenen Untaten.

Literatur: Harmjan Dam: Kirchengeschichte im Religionsunterricht. Basiswissen und Bausteine für die Klassen 5-10, Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2010 (Die oben vorgelegten Daten wurden unabhängig von diesem Werk zusammengestellt. Manches überschneidet sich freilich, manches legt unterschiedliche Schwerpunkte.)