LIEBE

1. Definition der Begriffe:

  • Sex – es geht um die Sexualität, um Fortpflanzung, Sexualität und Fortpflanzung waren miteinander engstens verbunden (nur in der Neuzeit ist es leichter möglich geworden, Sexualität von Fortpflanzung zu trennen).
  • Eros – es geht um die körperlich-geistige Anziehungskraft von Menschen, die nicht in Sexualität münden muss.
  • Philia – es geht um Freundschaft.
  • Agape – es geht um Liebe zu Gott und dem Nächsten.
  • Diakonia – dienende, helfende Liebe.
  • Narzissmus – Liebe zu sich selbst, Selbstverliebtheit.
  • Altruismus – aufopfernde Liebe (z.B. Eltern für ihre Kinder).

Was wir im Deutschen mit „Liebe“ bezeichnen, hat sehr viele Nuancen, die die griechische Sprache besser auszudrücken vermag.

2. Anmerkungen: Unterschiede zwischen Mann und Frau – Kommunikationsschwierigkeiten

  • Männer und Frauen bewegen sich vielfach anders, verhalten sich vielfach anders, sprechen in unterschiedlicher Weise über ihre Gefühle, haben zum Teil unterschiedliche Schwerpunkte des Nachdenkens… Es ist manchmal gut, wenn man um Unterschiede weiß, weil man dann leichter mit ihnen umgehen kann, Verhaltensweisen einschätzen kann.
  • Entwicklung von Jungen und Mädchen:
  1. Zunächst sind Geschlechtsunterschiede sind irrelevant;
  2. → Unterschiede werden erkannt, man grenzt sich voneinander ab („iiii ein Junge!“, „iiii ein Mädchen!“);
  3. → Interesse am anderen Geschlecht entwickelt sich: Imponiergehabe + Selbstgestaltung, Hervorhebung der erkannten sexuellen Merkmale und Verhaltensweisen.
  • Konflikte treten auf, wenn unterschiedliche gesellschaftliche, kulturelle Traditionen ins Spiel kommen. Menschen verhalten sich wie üblich, senden Signale aus, die andere dann falsch verstehen. In der Gegenwart: wenn nicht-europäische Traditionen und unsere zusammentreffen. Die Spielregeln sind unterschiedlich, und manche werden nur unter Schmerzen erlernt.
  • Wichtig: Selbstbewusst zu dem Stehen, was man selbst will und gleichzeitig vorsichtig sein. Selbstbeherrscht sein und Achtung vor dem anderen Menschen haben. Vor allem Drogen (einschließlich Alkohol!) machen willenlos und enthemmen, so dass Menschen etwas tun, was sie sonst nicht tun würden bzw. mit sich machen lassen, was sie sonst nicht mit sich machen lassen würden. Man schämt sich, fühlt sich bloßgestellt, erniedrigt und verletzt und dumm.

 3. Mythen

Menschen sehen ihre Welt, in der sie leben, und versuchen diese zu erklären. So sind im Lauf der Zeit unterschiedliche Schöpfungsmythen entstanden. So sagen zum Beispiel:

  • ein Schöpfungsmythos aus Indien: Die Schönheit der Frau wird besungen – aber sehr Mann-orientiert: Er will die Frau wieder loswerden – und die Gottheit nimmt sie ihm. Dann will der Mann sie wieder haben – und die Gottheit gibt sie ihm…
  • ein Schöpfungsmythos aus Südamerika: Die Götter üben es, Männer zu fabrizieren. Erst aus Maismehl gelingt es ihnen. Und dann schufen sie die Frauen, damit sie den Männern Gesellschaft leisten.
  • ein litauischer Schöpfungsmythos: Männer und Frauen sind durch Ausgespucktes eines Gottes entstanden.
  • ein griechischer Mythos: Männer und Frauen waren eine Einheit. Zeus hat sie dann getrennt, nun sucht jeder Teil seinen Partner.

Aufgabe: Welches Menschenbild wird in ihnen deutlich? Eines das den Menschen achtet oder ihn verachtet?

Mythen sind nicht einfach nur kuriose Geschichten, sondern prägen im Lauf der Zeit die Weltanschauung der Menschen.

In der Bibel haben wir zwei Schöpfungsberichte. In Genesis (1. Buch Mose) 1 wird gesagt, dass Mann und Frau als Ebenbild Gottes geschaffen worden sind. Beide sind also gleich wertvoll, gleichberechtigt. In Genesis 2 wird gesagt, dass erst der Mann erschaffen wurde – und dann am Ende die Frau. Was bedeutet das? Das kann bedeuten, dass die Frau untergeordnet ist. Das kann aber auch bedeuten, dass die Frau sozusagen die Krone der Schöpfung ist. Das Letztgenannte kann dann gesagt werden, wenn der matriarchalische Zusammenhang berücksichtigt wird: Der Mann wird seine Familie verlassen und seiner Frau anhangen. Der Text selbst lässt beide Deutungen zu. Dazu s. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/mensch/schoepfungsgeschichten/

Aufgabe: Schöpfungsmythen im Internet: Die Suchmaschinen bieten eine Fülle an Links. Wenn Du einen gefunden und gelesen hast: Was sagt dieser Mythos über das Verhältnis von Mann und Frau aus? Über die Rolle in der Gesellschaft?

4. Liebe zur Sprache bringen

Sprache finden für das, was Liebe ist: Hohelied Salomos, Hohelied der Liebe des Paulus.

Aufgabe: Lies im Alten Testament: Das Hohelied Salomos und im Neuen Testament aus dem 1. Korintherbrief das 13. Kapitel.

Menschen, die sich selbst im Mittelpunkt sehen, müssen lernen, was Liebe ist. So lehrt das Hohelied von Salomo, dass es auch in der Sexualität auf Liebe ankommt. Sexuell aktiv ist (fast) jeder – aber es kommt bei Menschen darauf an, Sexualität mit Kultur zu verbinden, mit der Achtung vor dem anderen Menschen. Das ist in Gesellschaften unwichtig, in denen es bei der Partnersuche nicht um Liebe geht, sondern zum Beispiel um Eheschließungen aus wirtschaftlichen, familiären, machtpolitischen Gründen. (Heute auch: um Aufenthaltsgenehmigungen zu bekommen.)

Das Hohelied Salomos: In diesen Liedern, die dem König Salomo zugeschrieben werden, wird die Schönheit von Frauen und Männern besungen. Sehr bilderreiche Sprache, zum Teil deftig. Weil jüdisch-christliche Tradition das nicht so gern in der Bibel sah, hat man versucht, diese Lieder auf die Beziehung zwischen Gott und Mensch umzudeuten. Aber wie dem auch sei: Hier wird das Gefühl der Liebe zur Sprache gebracht – es findet Worte. Und diese Worte können wieder das Gefühl von Liebe spüren lassen.

Das Hohelied der Liebe des Paulus (1Kor 13). Paulus lehrt in der Tradition Jesu: In Gemeinschaft leben, heißt, einander lieben lernen. Im Kontext einer Auseinandersetzung innerhalb der Gemeinde von Korinth, besingt Paulus die Liebe. Während die Korinther sich darum streiten, welche ihrer Taten besser sind, stellt Paulus die Liebe in den Mittelpunkt. Sie bildet Gemeinschaft. Und was Liebe ist, konkretisiert er in diesem Lied. Also auch hier: Liebe wird zur Sprache gebracht, dadurch wird sie erfahrbar und damit auch lebbar.

5. Jesus lenkt in der Bergpredigt den Blick auf die Liebe zu den Nächsten

Gott solidarisiert sich so sehr mit dem Nächsten, dass es wichtiger ist, mit diesem ins Reine zu kommen, als religiöse Riten zu vollziehen:

  • Alte Sichtweise: Gott/Götter strafen, wenn das Opfer nicht richtig vollzogen wurde ►
  • Jesus-Neu: Wichtiger ist es, mit dem Nächsten ins Reine zu kommen, als das Opfer richtig zu vollziehen.
  • Alt: Menschen, die körperliche Makel haben, werden von der Nähe zu Gott ausgeschlossen ►
  • Jesus-Neu: besser ist es, körperliche Makel zu haben, als den Nächsten (in diesem Fall die Frau) zu erniedrigen.
  • Alt: Man soll schwören, um seine Worte zu sichern ►
  • Jesus-Neu: Nicht schwören, dein Wort soll verlässlich sein.
  • Alt: Man soll sich gegen Erniedrigungen wehren ►
  • Jesus-Neu: Erniedrigungen muss man stolz und tapfer begegnen, dann erweist man sich als stärker als der Erniedrigende (2000 Jahre später aufgenommen von Mahatma Gandhi und Martin Luther King).
  • Alt: Man soll sich rächen ►
  • Jesus-Neu: Man soll vergeben lernen, wenn Gemeinschaft gelingen soll.
  • Alt: Selig sind die Schlauen, Glücklichen, Lachenden, Ungerechten… ►
  • Jesus-Neu: Gott liebt diejenigen, die traurig sind, unter Ungerechtigkeit leiden, die Frieden stiften.

Aus den Worten Jesu hat man die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit heraus kristallisiert.

  • Leibliche Werke der Barmherzigkeit:
  • Hungrigen Nahrung geben
  • Durstigen zu trinken geben
  • Unbekleidete kleiden
  • Fremden Schutz geben
  • Gefangene besuchen
  • Kranke besuchen
  • Tote begraben
  • Geistliche Werke der Barmherzigkeit:
  • Sündern ihre Schuld zeigen
  • Unwissende belehren
  • Zweifelnden raten
  • Traurige trösten
  • Lästige in Geduld ertragen
  • Denen, die beleidigen, vergeben
  • Für Lebende und Tote beten

Fazit: Jesus zeigte, was für ein gelingendes Miteinander wichtig ist: die Liebe zueinander. Und die Lehre Jesu äußert sich auch in den Worten: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Diesem Auftrag liegt die Liebe Gottes zu den Menschen zugrunde. Gott liebt den Menschen – also kann auch er lieben. Mit dem Liebesgebot – Liebe deinen Nächsten wie dich selbst – ist engstens verknüpft: Liebe Gott. Man spricht vom Doppelgebot der Liebe: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten. Auch von hier aus gesehen ist Jesus für die Entwicklung der Menschheit immens wichtig. Freilich gibt es für das Doppelgebot der Liebe Parallelen in seiner jüdischen Tradition: Testament der zwölf Patriarchen und Philo und so wird es im Lukasevangelium auch von einem Gegner Jesu ausgesprochen.

6. Auswirkungen

Auch Liebeslieder, Liebesgedichte und Liebesfilme helfen zu erkennen, was das eigentlich ist: Liebe zwischen zwei Menschen. Der erste Liebesroman stammt vermutlich von einem christlichen Bischof (Heliodor/3.-4. Jh.), um christliche Ethik zu vermitteln. Solche Texte versuchen das „Geheimnis“ in Worte zu fassen. Liebe ist ein Geheimnis, das man z.B. soziopsychologisch und biologisch zu ergründen versucht. Gelungen ist es noch nicht.

Die Diakonie – die anderen Menschen dienende Liebe – ohne ansehen der Person – wurde extra bedacht:https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/kirche/diakonie-caritas/ .

Zum Verhältnis von Philanthropie und Nächstenliebe s. https://evangelische-religion.de/ReligionNeu/kirche/philanthropie-und-naechstenliebe/