Metawert – Werte – Regeln
Regeln:
Wie verhalte ich mich angesichts der Werte konkret; die Werte bilden auch zum Teil die Grundlage der Gesetzgebung
Werte:
Vor dem 20. Jahrhundert Ontologisch: das heißt alles Sein (Schöpfung, Leben) wird vom allumfassenden Sein (Gott) bestimmt. Das gilt auch für die Werte. Werte werden damit von Gott her begründet (jüdisch/christlich) bzw. von dem, was dem Menschen vorangeht, außerhalb des Menschen liegt (Platon).
Seit dem 19./20. Jh. zunächst anthropozentrisch: Das, was den einzelnen Menschen, den Individuen zum Leben wichtig ist, das, was der Gesellschaft zum guten Miteinander wichtig ist. (Beispiele für Werte: Würde des Menschen, Verantwortungsbewusstsein, Respekt, Toleranz, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Ordnung, Hilfsbereitschaft, Gesundheit, Sicherheit, Pünktlichkeit, Fleiß, …)
Metawerte:
Durch Albert Schweitzer und andere wurde der anthropozentrische Ansatz mit Blick auf die gesamte Schöpfung ausgedehnt – später zum Teil mit Lösung vom Anthropozentrismus. Das könnte man also als Metawert bezeichnen: Allen Werten voran geht die Ehrfurcht vor dem Leben, meinem Leben, dem Leben anderer, ausgeweitet auf das Leben der Tiere und Pflanzen – der Umwelt.
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Beispiel 1:
Metawert: Ehrfurcht vor meinem Leben
Wert: Gesundheit
Regeln: Gesundheit – was muss man alles tun, um möglichst gesund zu bleiben?:
Sport treiben, gesund ernähren, keine Drogen, ausgewogenes Leben zwischen Herausforderung und Ruhe, soziales Miteinander
Beispiel 2:
Metawert: Ehrfurcht vor dem Leben
Wert: Gleichheit – allerdings hat sie auch mit dem Wert Gerechtigkeit zu tun.
Regeln: Gleiche Rechte unabhängig vom Geschlecht (individuell: Ehepaare; Arbeitsrecht: gleicher Lohn; gesellschaftspolitisch: Gleichheit von Mann und Frau).
Gleiche Rechte unabhängig von Nationalität, sexueller Orientierung, Religion.
Gleiche Rechte unabhängig von sozialer Herkunft (Schüler: gleiche Noten).
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Werte können sich überschneiden – sie können sich aber auch ausschließen: Wertekonflikte. So wenn zum Beispiel der Wert „Freiheit“ des Individuums mit dem Wert „Würde“ in Spannung zueinander geraten: Erkennbar z.B. in der Frage, ob Abtreibung ermöglicht werden soll. Die Folge: Es gilt eine kulturell zeitlich bedingte Wertehierarchie. Zum Beispiel im aktuellen Leben: Ich bin nicht gleichermaßen mit allen Menschen und Lebewesen solidarisch – es gibt eine Reihenfolge: manche darf man nicht töten, manche darf man zu bestimmten Zeiten töten (z.B. im Krieg). Zudem: So wurde zum Beispiel in unserer Gesellschaft die Selbstrücknahme (Bescheidenheit, Demut, Rücksichtnahme) durch die Selbstentfaltung verdrängt (Folge: Soziales Miteinander/Engagement nimmt aus meiner Perspektive nicht ab, verlagert sich nur auf unterschiedlichste Bereiche – möglichst familiennah):
Metawert: Ehrfurcht vor dem Leben (insgesamt) | Metawert: Ehrfurcht vor dem (individuellen) Leben |
Wert: Würde, Sicherheit, Respekt, Gleichheit | Wert: Freiheit, Gesundheit |
Regel: du sollst nicht töten | Regel (Abtreibungsmöglichkeit) |
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Religiöse Grundlagen der Werte
Religiöse Grundlagen gehören nicht zu den anthropozentrischen Werten. Glaube, Frömmigkeit usw. Sie sind aber die Grundlage der Werte. Denn die Frage stellt sich: Warum gelten die Werte, die Kulturen anerkennen? Die Philosophie sagt: Weil die Werte von einer Wertegemeinschaft als gut angesehen werden, gelten sie; Religion sagt: Weil Gott Werte setzt. Grundsätzlich ist anerkannt: Kein Staat, keine Gesellschaft macht sich ihre Werte, sie sind religiös-kulturell vorgegeben – können sich allerdings wandeln.
Werte kann man auch nicht anthropozentrisch aufteilen, sondern in jeweilige Bereiche (die sich allerdings überschneiden bzw. je nach Bereich anders auswirken [s.u.: Gerechtigkeit]):
- Moralische Werte (Aufrichtigkeit/Wahrheit, Gerechtigkeit, Treue),
- Religiöse Werte (Gottesfurcht, Nächstenliebe, Menschenwürde, Gerechtigkeit),
- politische Werte – Grundwerte (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Toleranz, Gemeinwohl, Solidarität, Frieden, Schutz des Lebens, Verantwortung, Sicherheit – zusammen gefasst im Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar),
- ästhetische Werte (Kunst, Schönheit, Hässlichkeit, Sinnlichkeit [sinnliche {contemplatio} Wahrnehmung steht über rationale Wahrnehmung])
- materielle Werte (das, was handgreiflich da ist, z.B. Wohlstand) – die den vorangegangenen ideellen Werten entgegengestellt werden. Materielle Werte kann man messen, ideelle nicht.
- Werte mit Blick auf die Umwelt (Tiere, Pflanzen…).
„Gerechtigkeit“ begegnet sowohl im moralischen, politischen, religiösen Bereich. Gerechtigkeit im moralischen Bereich betrifft das Miteinander der Menschen, im politischen Bereich z.B. die Gesetzgebung, im christlich-religiösen Bereich: Gott macht den Menschen gerecht – er wird ihm im Reich Gottes Gerechtigkeit zukommen lassen, der Mensch wird aufgrund dieser Vorgaben gerecht gegenüber seinen Mitmenschen leben (vgl. Jesus Christus).
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Gelten Werte weltweit?
Es gibt Versuche, weltweite Gemeinsamkeiten zu erkennen: Welt-Ethos erkennt als Gemeinsamkeit die Goldene Regel (sowohl negative als auch positive Form). Die Erd-Charta wie auch andere UN-Bestrebungen (Kinderrechte, Arbeitsrechte usw.) versuchen nicht eine gemeinsame Werte-Basis zu finden, sondern Formulierungen, auf die sich die meisten Staatsvertreter einigen können. Vgl. die Diskursethik: Man versucht argumentativ Werte zu begründen. Dagegen müssen aber auch besondere kulturelle Eigenheiten berücksichtigt werden, die sich mit keinen der von anderen anerkannten Werten anfreunden können: Darf es einen Konsenszwang geben? Modern ist Ethify Yourself – das sich massiv von allen Religionen abgrenzt, dann aber doch die Werte anführt, die galten – mit Blick auf Umwelt: Gerechtigkeit, Umsicht, Balance, Selbstbestimmung, Kooperation, Fairness, Zufriedenheit, Güte, Geduld.