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Lern-Prozess / Weg-Theologie
Einige vorangehende Anmerkungen
Geschichte stellt sich mir als ein Lern-Prozess, als ein Weg dar: Gott wirkt den Anfang – und in einer Wechselbeziehung mit dem Menschen geht es weiter - aber nicht allein in der Wechselbeziehung mit dem Menschen, sondern mit der gesamten Schöpfung. Die Geschichte Israels wie die der damit verbundenen Christen bekennt Gott als einen, der in Bewegung ist. Er ist kein starres Etwas. Er ist in Bewegung – somit ist er mit den Menschen und der Schöpfung eine Beziehungsgeschichte eingegangen. In dieser Beziehungsgeschichte erweist sich Gott in seinem Handeln immer wieder neu. Neu heißt freilich nicht, dass er willkürlich, chaotisch, anarchisch ist. Die Basis bleibt: Gott selbst, sein Bundesschluss, sein Wille, wie er dann letztlich in Jesus Christus sichtbar wurde bzw. im Geist Gottes sichtbar wird. Neu heißt: Für den Menschen neu. Mit fortschreitender Erkenntnis transformiert er sein Gottesbild. Wenn der Geist Gottes am Wirken ist, dann auch fortschreitend. (Der Theologe Hans Urs von Balthasar nennt diesen Prozess "Reifeprozess"; das heißt, dass eine christliche Forderung, wie wir sie im Neuen Testament schon vorfinden, nach einem langen Reifeprozess als durchführbar erscheint.)
Die Kontinuität des Handelns Gottes in der menschlichen Chaos-Geschichte ist die treibende Kraft dieser Geschichte auf ihr Ende hin. Wir können in der Menschheitsgeschichte als Glaubende ein paar Goldfäden erkennen – aber wie diese paar Goldfäden mit dem autonomen, freien Handeln der Menschen zusammenhängen, das wird erst am Ende der Zeiten offenbar. Aber diese Goldfäden zeigen schon die Richtung an, in die die Menschheit durch Gott gedrängt wird.
Wir Menschen sind nicht in der Lage, Geschichte auf ein gutes Ende hin zu gestalten. Der Mensch steht sich selbst immer im Weg: seine Arroganz, seine Machtgelüste, die Tendenz – auch die des Guten – seine Sicht für alle verbindlich zu machen –, der Mensch baut auf, dreht sich um und zerstört. Es ist eine immer wiederkehrende Tragödie, eine Prometheus-Geschichte. Chaostheorie auf die Geschichte hin angewendet: Viele, viele chaotische Einzelheiten ergeben letztlich doch eine sinnvolle erkennbare Einheit. Das können wir allerdings nicht erkennen – Anhaltspunkte geben nur die Goldfäden Gottes.
Geschichtszusammenhänge können wir manchmal erst aus dem Rückblick erkennen. Menschen in der jeweiligen Zeit können nicht sehen, was aus ihrem Reden, Tun, Denken usw. werden wird. Wir können gegenwärtige Momente der Geschichte nicht aus der Gegenwart einordnen – das wird erst aus der Zukunft möglich sein. Von daher wird erst die Herrschaft Gottes den Gesamtzusammenhang der Menschheitsgeschichte einschließlich des Handelns Gottes erkennen lassen. Vorher ist das nicht möglich.
Dass die Geschichte Gottes und des Menschen eine Beziehungsgeschichte ist, ist aus meiner Perspektive an dem Satz des Vater-Unsers auch deutlich:
Dein Wille geschehe = durch Menschen - Gott selbst möge ihn durchsetzen.
Wir leben in einem Zustand, in dem Gott versucht, mit dem Menschen die Zukunft, die er will, zu erreichen.
Die Bibel zeigt uns, dass es in wichtigen Themen einen Prozess der Beziehung zwischen Gott und Mensch gibt, einen Weg, auf dem sich Gott - bzw. Gott seinen Willen - immer stärker durchsetzt. Direkt ausgesprochen von den Propheten – aufgenommen von den frühen Christen (Verheißung – Erfüllung), auch ausgesprochen zum Beispiel in dem Gleichnis vom wachsenden Senfkorn bzw. in dem vom Sauerteig. Es geht hier nicht darum zu sagen, dass der Mensch das Reich Gottes herbeiführen kann. Das kann ich in biblischen Texten nicht erkennen, sondern Gott setzt den Menschen mit dem Gleichnis Jesu auf den Weg, für das Reich Gottes zu wirken, das er dann selbst wunderbar vollenden wird. Dass das Wirken im Sinne des Reiches Gottes der Weg der Gemeinschaft und der Liebe ist, ist an Jesus Christus, der diese Gleichnisse erzählt hat, erkennbar.
In der folgenden Aufzählung nenne ich ein paar Punkte, in denen ein Denk- und Erfahrungsprozess deutlich wird. Meine Intention zusammengefasst: Gott handelt an und mit dem Menschen – er ist dabei, den Menschen in seine Richtung zu lenken. In biblischen Texten finden wir Samenkörner, die sich im Laufe der Geschichte entfalten.
1. Krieg und Frieden
Ich habe das intensiver ausgearbeitet am Beispiel von Krieg und Frieden: https://evangelische-religion.de/krieg-friedenbibel.html
2. Sklaverei
Am Beispiel der Sklaverei: https://evangelische-religion.de/sklaverei.html
3. Opfer
Es kann auch am Beispiel des Opfers dargelegt werden:
4. Umgang mit Tieren
Anmerkungen s.: https://evangelische-religion.de/tierethik.html
5. Würde
Prozess ist auch mit Blick auf Würde anzusprechen https://evangelische-religion.de/menschenw%C3%BCrde.html Es wurde schon vorher darüber nachgedacht, so von Solon, Cicero… aber einen Innovationsschub bekam dieses Denken durch Jesus und seinen Nachfolgern. Naturrecht ist vielfach deutbar. Aber dann hat sich Jesus allen Menschen zugewendet, gerade den unteren Schichten Selbstbewusstsein gegeben. Dass das Christentum in dieser Hinsicht innovativ war, das hat Nietzsche erkannt. Würde aller Menschen wurde mit Jesus begründet: Gott wurde Mensch, das heißt: Menschen als Menschen haben Würde. Später kam in der christlichen Theologie die Begründung mit Hilfe von Genesis 1 dazu. der Mensch ist Ebenbild Gottes - jeder Mensch. Und wir sind gesellschaftspolitisch auf dem Weg dahin, zumindest theoretisch festzustellen, dass alle Menschen Würde haben. Allerdings sehen wir massives Rückschritt -Potential durch diejenigen, die das Kollektiv dem individuum vorziehen: Islam (Scharia) und China (Konfuzianismus/Kommunismus) bzw. einem Teil der Utilitaristen (https://evangelische-religion.de/singers-pr%C3%A4ferenzutilitarismus.html). Wir Menschen sind immer noch auf dem Weg. Wenn wir an Jakobus (s. Jakobusbrief im NT) denken: Er war schon weiter, was er fordert, ist heute noch nicht realisiert: Dass der Arme genauso Würde hat wie der Reiche – man denke an die öffentlich wirksamsten Medien. In ihnen ist Gleichberechtigung noch immer nicht in Sicht. Das Sagen haben die Oberen 100.
6. Schöpfung
Prozess auch mit Blick auf Schöpfung:
Gott erschuf laut Genesis 1 die Gattungen der Lebewesen. Den Gattungen gab er den Befehl, sich fortzupflanzen. Genesis 1 hat in der Abfolge der sieben Tage schon einen Prozess im Blick – eine Höherentwicklung der Lebewesen: Pflanzen – Fische (Schwimmer im Wasser) – Vögel (Schwimmer der Lüfte) – Landtiere – Mensch. Natürlich ist Evolution im heutigen Sinn nicht im Blick. Es ist eher statisch die Gattung im Blick, heute eher dynamisch. (Auch der Darwinismus entwickelte sich: Neo-Darwinismus [Erbmischung: mütterliche und väterliche Gene – Rückgriff auf Mendel], synthetische Evolutionstheorie [Entdeckung der DNS und die Variationen], Epigenetik [Umwelteinflüsse schalten Gene an bzw. aus, wird vererbt, aber ob Auswirkung auf Evolution ist offen]). Allerdings hat sich heute in dieser Frage etwas getan.
In der Bibel Prozess im Umgang mit der Natur (Matthäus 6) und dem Leiden der Tiere (Römer 8).
7. Bibel
Die Bibel ist ebenfalls in einem Kanonisierungs-Prozess entstanden. Das heißt, dass sie nicht von vornherein da war, sondern dass die im Umlauf befindlichen Schriften gesichtet und dann zusammen gestellt wurden: Dieser Aspekt ist historisch-kritisch erschlossen, müsste aber noch einmal mit Blick auf Gottes Wirken durch den Heiligen Geist, der diesen Prozess lenkte, präzisiert werden. Zu unterscheiden sind die Prozesse der Entstehung des AT wie des NT.
8. Mission/Offenbarung
Am Beispiel des Erkenntnisprozesses Gottes mit Blick auf die Menschheit in ihrer Entwicklung ist erkennbar:
9. Ethik
Prozess auch mit Blick auf die Werte https://www.evangelische-religion.de/christliche-ethik.html : Sie werden weiterentwickelt gleichzeitig heute vielfach vernachlässigt. Und dann kommen Kulturen und Unkulturen, die sich breit machen, weil die Gesellschaft die mühsam errungenen Werte missachtet, gegen sie argumentiert, und damit eben die Gesellschaft einen Rückschritt erfährt. Und wenn es dann wieder ganz übel ist, besinnt man sich und kehrt zu ihnen zurück und der Prozess geht zum Positiven weiter.
Großer Fortschritt im NT: Dass überhaupt über Gewalt nachgedacht wird – dass sie abgelehnt wird. Natürlich nicht in der Terminologie, die sich seitdem entwickelt hat. (Dazu s. nicht nur den folgenden Link zum Thema Krieg und Frieden: https://www.evangelische-religion.de/krieg-friedenbibel.html)
10. Auferstehungsglauben
Das frühe Israel kennt keinen spezifischen Auferstehungsglauben. Er hat sich erst langsam durchgesetzt – über den Weg: Gott ist ein Gott der Lebenden. Dieser Ansatz wurde dann von den frühen Christen durch die Erfahrung des auferstandenen Jesus Christus bestätigt. https://www.evangelische-religion.de/auferstehung.html