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Theologischer Entwurf: Dietrich Bonhoeffer

 

Der theologische Entwurf versucht die Theologie Dietrich Bonhoeffers knapp zu umreißen und ebenso knapp in den theologischen Zusammenhang, in die theologische Tradition zu stellen. Die Theologie Bonhoeffers wurde als Entwurf gewählt, weil er einflussreich geworden ist - nicht nur für die europäische Theologie, sondern für Christen weltweit. Seine Theologie hat keine so genannte "Schule" gebildet, ist dennoch von großer Relevanz.

 

Kurzvita

 

Dietrich Bonhoeffer wurde 1906 in Breslau als Kind des Mediziners Karl Bonhoeffer und seiner Frau Paula, geborene von Hase, geboren. Er studierte, promovierte, ging ins Vikariat nach Barcelona. Nach seinem zweiten Theologischen Examen und der Habilitation 1930 lebte er kurz in den USA. 1931-1933 war er Privatdozent  in Berlin und Studentenpfarrer. Er übernahm 1933 in London eine Evangelische Gemeinde. Auf einem ökumenischen Jugendtreffen in Dänemark warnte er 1934 in einer Rede vor der Kriegsgefahr. 1935 übernimmt er als Vertreter der Bekennenden Kirche die Leitung des Predigerseminars Finkenwalde. 1936 und 1937 wird ihm die Lehrerlaubnis entzogen, das Predigerseminar wird geschlossen - aber im Untergrund weitergeführt. 1939 macht er eine Vortragsreise in den USA. 1940 wirkt er in der Wilhelm-Canaris-Gruppe im Widerstand gegen Hitler. Seine Aufgabe besteht darin, aufgrund seiner vielfältigen Beziehungen zu Menschen im Ausland Kontakte zu den westlichen Staaten zu knüpfen. Am 5.4.1943 wird er verhaftet. Zuerst ist er in Berlin inhaftiert, dann im KZ Buchenwald. Am 8.4.1945 wird er verurteilt und am 9.4. erhängt.

 

Die Grundlage der Theologie Bonhoeffers

 

Die Mitte = Jesus Christus. Der Christ hat sich an dieser Mitte spirituell und rational auszurichten.

 

Voraussetzung: Es gibt Gott und: Jesus Christus ist auferstanden und real erfahrbar, wirksam.

 

Der Glaube ist der Kern, hervorgerufen durch die Offenbarung Gottes in Jesus Christus. Religion ist sekundär. Sie umgibt den Kern mit Fleisch. Religion ist das, was Christen mit anderen Religionen gemeinsam haben: Riten, Beten, Heilige Schriften usw. (in Aufnahme von Karl Barth).

 

Der Weg zu Gott = der Weg Gottes zu uns

Der Mensch kommt nicht durch Religionen, durch die Institution Kirche, durch Moral/Ethik, durch Wissen zu Gott. Gott kommt in seiner Liebe in Jesus Christus zum Menschen. Weil Gott nur in dem Menschen Jesus Christus zum Menschen kommt, ist Jesus Christus nur als Gott ewig anwesend: Als reiner Mensch könnte Jesus Christus nicht ewig anwesend sein, als reiner Gott könnte er überhaupt nicht anwesend sein.

 

Der Weg Gottes zu uns = Wegweisung zu anderen Menschen

Die Folge für den Menschen: Weil Gott in Jesus Christus zu dem Menschen gekommen ist in Armut, Leiden und Kreuzestod, kann der Weg der Nachfolge für Christen nur dieser Weg der Solidarität und Liebe zu anderen Menschen sein. Der Mensch wird durch Jesus Christus wieder zum Ebenbild Gottes und hat sich entsprechend menschlich gegenüber jedem zu verhalten, damit das Ebenbild Gottes nicht geschändet wird. Weiter geführt: Kirche = Leib Christi = Gemeinschaft in der Nachfolge in Solidarität mit den Menschen der Welt. Nachfolge heißt: Christen folgen Gott in Jesus Christus - sie gehen nicht ihren eigenen Weg. Aber: Aufgabe der Christen ist es nicht, ständig aufzupassen, dass sie nicht sündigen - Aufgabe der Christen ist es, Gottes Willen zu tun. Und dieses Tun muss aktiv angegangen werden, denn aus dem Glauben folgt nicht automatisch das richtige Handeln, wie viele Protestanten bislang glaubten und nichts taten.

 

Keine Trennung Gottes von der Welt – denn Gott kam in die Welt

„Gebt Gott was Gottes ist, dem Kaiser, was des Kaisers ist.“ (Ausspruch Jesu) Weil jedoch Gott in Jesus Christus ohnmächtig und mitleidend in die Welt des "Kaisers" (also: in die Welt, in der menschliche Mächte dominieren) gekommen ist, haben Christen die Aufgabe, in der Nachfolge (= Handeln im Sinne und Auftrag Jesu, in der Bindung an Gott) die Liebe Gottes ohnmächtig und mitleidend in der ungerechten Welt des "Kaisers" zu enthüllen, sie zu verkündigen, sie zu leben. Damit kommt der Christ nur in der Welt bzw. durch die Welt zu Gott – nie in (asketischer oder mönchischer) Loslösung von der Welt. Der Christ geht aber auch nie in der Welt des "Kaisers" auf, denn er geht den Weg Gottes in der Welt. Gott ist nicht jenseitig, nicht Lückenbüßer des Nichtwissens, sondern er ist mitten im Leben jenseitig. Und so lernt man auch mitten im Leben (das heißt auch im Leiden) zu glauben.

 

Die Kirche ist nur Kirche für andere – sie darf aber Gnade nicht verschleudern (billige Gnade)

Kirche ist nur Kirche für andere, sie ist kein Selbstzweck. Jesus Christus ruft in die Nachfolge – und die ist streng, hart. Kirche verschleudert die Gnade Gottes (zum Beispiel in falsch verstandener Taufe, das heißt, das Kind wird nicht im Glauben begleitet, sondern Taufe ist nur ein erbauliches Familenfest), sie ist billig geworden, sie ist leere Religiosität. Es geht um ein religionsloses Christentum, das sich in der Nachfolge für den anderen Menschen realisiert. Die Welt des "Kaisers" wird ewig Gottes Welt bekämpfen, aber das kann Christen in der Nachfolge nicht einschüchtern – es sei denn, sie wurden mit der Botschaft der billigen Gnade und von leerer Religiosität eingelullt.

Billige Vertröstung auf das Jenseits ist abzulehnen, denn es gibt keine Auferstehung ohne Kreuz (= Leiden), ebenso ist leere Religiosität abzulehnen, denn es gibt keine Nachfolge ohne Kreuz (= wer im Auftrag Jesu handelt, muss leiden). Die Bergpredigt Jesu sagt nicht nur: Gott liebt dich – sondern verlangt ein neues gottgemäßes Handeln – gerade auch ein verantwortetes Handeln mit Blick auf den nationalsozialistischen (und bolschewistischen-kommunistischen) Staat und nicht den Rückzug in ein harmloses religiöses Wohlgefühl. Die biblischen Texte haben Wirklichkeitsbezug und sind keine philosophisch/theologischen Abhandlungen zur Lähmung des Menschen. Kirche darf die Botschaft nicht auf den ersten, den spirituell-religiösen Teil verkürzen (das wäre billige Gnade), sondern muss den zweiten, politisch-aktiven Teil realisierend - also auch leidensbereit - verkündigen (das wäre Verkündigung der teuren Gnade). Nachfolge ist das Teilnehmen am Leiden Gottes im weltlichen Leben. Das bedeutet, sich Gott in dieser Welt ausliefern – und dazu gehört auch angesichts der Tyrannen, Verantwortung zu übernehmen, und damit hängt zusammen: schuldig werden (Verantwortungsethik). In der Nachfolge schuldig werden, kann auch bedeuten, den Tyrannen zu töten. Der Christ gehört nicht sich selbst, nicht seiner Karriere, seinem Wohlgefühl, sondern allein Gott - das bedeutet: Er ist frei.Und als ein solcher in Gott Befreiter kann er dem Tyrannen entgegentreten..

 

Religionslos von Gott sprechen

Bonhoeffer trat dafür ein, religionslos von Gott zu sprechen. Was er damit meinte, konnte er nicht mehr darlegen. Gemeint ist vermutlich: Menschen haben ein Gefühl für Religiöses. Dazu gehört: Die Religion spricht von Gottes Allmacht – und dadurch vergrößert sie im Grunde nur die weltliche Macht ins Unermessliche; Religion spricht von Gottes Allwissenheit – damit erweitert sie im Grunde nur das weltliche Wissen ins Unermessliche. Gott ist auf diese Weise nur eine Verlängerung der Welt. Gott ist, so Bonhoeffer, auch nicht mehr irgendwo in einer gedachten Transzendenz. Darum dürfen wir nicht mehr von Gott metaphysisch, spekulativ reden, sondern: In Jesus Christus ist Gott für den Menschen als Handelnder anwesend. Gott ist in Jesus Christus immanent. Christen haben als Handelnde anwesend zu sein – im Versuch auf dem Weg Gottes zum leidenden Menschen Schritt zu halten. Dieses allgemein religiöse Gefühl, das zum Menschen gehört, wird vom Handeln des Menschen in der Nachfolge Jesu Christi abgelöst werden. Die Welt wird religionslos - sie löst sich rational immer stärker von dem religiösen Gefühl. In dieser Lösung vom religiösen Gefühl hat der christliche Glaube sein spezifisches Wort vollmächtig zu leben und zu verkündigen.

 

Einordnung der Theologie Bonhoeffers

 

Kreuzestheologie

Dass wir allein in Jesus Christus Gott erkennen können, das ist in der christlichen Theologie nicht neu. Wir wissen nicht, wie Gott ist, wenn er sich nicht in Christus offenbart hätte. Wir wissen um Gottes Liebe in der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus – die Zuwendung zum Menschen, bis hin zum Tod am Kreuz. Darum wissen wir auch um Gottes Vergebung.

Was bei Bonhoeffer neu ist, das ist die Radikalisierung des Gedankens, dass Gott im Grunde auch nur in seiner Selbsterniedrigung erkannt werden will. Damit greift er die Kreuzestheologie Luthers (1) auf: Gott ist am Kreuz, am Kreuzestod Jesu erkennbar. Aber Bonhoeffer konzentriert das Erkennen Gottes nicht auf das Kreuz, sondern auf die Hinwendung zum Nächsten, wie auch immer dessen Leben geprägt ist.

 

Zwei-Reiche-Lehre

Mit dieser Aussage prägt er die neuzeitliche Zwei-Reiche-Lehre um, in der der Herrschaftsbereich Gottes (Kirche) und der Herrschaftsbereich der Menschen (Staat) voneinander getrennt sind. Beide gehören nach Bonhoeffer zusammen – haben aber unterschiedliche Aufgaben: der Staat hat die Aufgabe, Böse zu bestrafen und die Bewohner zum Sozialen zu erziehen…; die Kirche besitzt das Wächteramt, das heißt, sie muss den Staat ermahnen, seine genannten Aufgaben zu erfüllen. Das bedeutet auch angesichts des Nationalsozialismus und Bolschewismus (Kommunismus): Der Staat ist nicht autonom. Die Kirche hat die Aufgabe, dem unsozialen Handeln des Staates entgegenzutreten: Mahnend - auch denen helfend, die unter dem Staat leiden - den Leid bringenden Staat verhindern. Und das wirft er der Kirche auch vor, diesem ihrem Auftrag durch die Unterordnung unter das NS-Regime nicht wahrzunehmen. Darum muss der einzelne Christ bereit sein, Verantwortung zu tragen - auch gegen die Gemeinschaft der versagenden Christen.

 

Schöpfungsordnung

In der theologischen Tradition kann man von Schöpfungsordnungen (Bonhoeffer spricht von vier göttlichen Mandaten) sprechen, das heißt, dass es feste Strukturen gibt, in denen der Mensch lebt, die von Gott sind, damit die Schöpfung erhalten bleibt (Ehe, Arbeit, Obrigkeit, Volk). Bonhoeffer durchbricht diesen Gedanken insofern, dass es nicht darum geht, an diesen Ordnungen gesellschaftspolitisch festzuhalten, sondern sie als Christen neu zu durchdringen. So gehe es nicht darum, das eigene Volk unter allen Umständen zu erhöhen, sondern darum, dem Frieden zwischen den Völkern zu dienen. Also die Nachfolge Jesu in diesen Strukturen (der gehorsam gegenüber Gott) ist wichtiger, als die Stabilisierung bestimmter Strukturen. In diesen gilt es, Freiheit verantwortlich zu leben, sie mit Kunst, Kultur, Bildung zu durchdringen. (Frei ist der Mensch für Bonhoeffer dann, wenn er an Gott gebunden von den Ansprüchen der Welt gelöst ist. In dieser Bindung an Gott kann auch das, was man als gut und böse bezeichnet, verschwommen sein: zum Beispiel: Gott kann aus bösen Taten Gutes machen oder der Mensch muss bereit sein, schuldig zu werden, um Menschen zu retten.)

 

Jenseitshoffnung ist keine Vertröstung

Wie Gott sich in Jesus Christus zu dem Menschen hingewendet hat – und auch nur in dieser seiner Hinwendung zum Nächsten erkannt werden möchte –, so ist auch derjenige, der Jesus Christus nachfolgt, nicht darin autorisiert, Gott spekulierend zu erfassen, sondern ihn durch Nachfolge zu leben, durch Nachfolge in seinem Geist zu leben, das heißt sich dem Nächsten hinzugeben, sich ihm in seinem Leiden zuzuwenden. Aber nicht, um ihn im Leiden zu lassen, sondern in der Nachfolge Gerechtigkeit durchzusetzen, Leiden zu bekämpfen. Gott ist nicht nur eine Idee, wie es liberale Theologie zu denken bevorzugte, sondern er agiert in der Geschichte durch die Jesus-Nachfolger zum Guten. Gott wird auch nicht irgendwann durch Fortschritt in der Geschichte sein Reich errichten, sondern es ist jetzt schon entsprechend jesuanisch zu realisieren. Und was „das Gute“ (auch mit Blick auf „summum bonum“ = höchster Wert, der zum Handeln antreibt) ist, ist an Jesus Christus zu sehen. das bedeutet also evtl. „religionslos von Gott sprechen“: In der Nachfolge Jesu Christi handeln. (2) Damit wendet sich Bonhoeffer gegen die Religionskritik (Marx), die Christen vorgeworfen hat, nur auf das Jenseits zu vertrösten, statt politisch aktiv zu werden. Freilich übergeht Bonhoeffer auch nicht das Jenseits (das Letzte / die Eschatologie) zugunsten einer Überbetonung des Diesseits (Das Vorletzte / die Geschichte). Das künftige Kommen Gottes (das Letzte) gibt dem gegenwärtigen Handeln in der Geschichte (das Vorletzte) seinen notwendigen Ernst, seine notwendige Tiefe. Ohne dieses verfällt die Menschheit in Egoismus, Utilitarismus und Hedonismus.

 

Gott vertrauen

Man wird Bonhoeffer nicht gerecht, wenn man ihn nicht in Zusammenhang mit persönlichem Glauben bringt. Für Bonhoeffer ist das Handeln nicht zu lösen von der Gottes-/Christusbeziehung. Sich Gott in schweren Zeiten anzuvertrauen, sich an ihn zu binden im Gebet, im Lesen der Bibel, das ist zentraler Bestandteil seines Lebens als Christ. Das wird nicht nur in den weit bekannten Texten "Wer bin ich" und "Von guten Mächten wunderbar geborgen" ausgesprochen. (Diese Texte kann man im Internet vielfach finden; weitere: https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitate/ )

 

 

Aufnahme der Theologie Bonhoeffers

 

Und diese Betonung der Praxis hatte große Auswirkungen auf die Theologie der Befreiung in Südamerika. Während man in Deutschland nach 1945 darüber nachgedacht hat, wie eigentlich Theologie nach Auschwitz auszusehen habe (kann man eigentlich noch von Gott sprechen, von seiner Allmacht und Liebe?), hat man in Südamerika angesichts des großen Leidens, der Menschen, der Ausbeutung, der strukturellen Gewalt darüber nachgedacht, wie man In Auschwitz Theologie treiben kann (Gutierrez). Das bedeutete: Nicht alles Hinnehmen, sondern Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Von Gott gerade in dieser Zeit der Not sprechen! (Ähnlich hat die philosophische "Frankfurter Schule" gefragt: Ist vernünftiges, menschliches Denken nach dem Schlimmen in der Zeit des Nationalsozialismus noch möglich? Kann man der Vernunft, dem Menschlichen im Menschen noch trauen?) Die Theologie der Befreiung griff dann auch auf andere Völker und Erdteile über, so auf Südafrika, als das Land noch Apartheitsstaat war, auf Asien usw.

Bonhoeffer selbst neigte sich – mit Blick auf Gandhi – immer stärker dem Pazifismus zu, auch wenn er die Verantwortung sah, notfalls dem Rad mit Gewalt in die Speichen zu fallen, den Tyrannen umzubringen. Und hier wurde Bonhoeffer auch übernommen – so von Menschen, die dann mit Waffengewalt die herrschenden Strukturen verändern wollten. Der Unterschied bestand freilich darin, dass Bonhoeffer den Tyrannen beseitigen wollte – die Gewalttätigen unter den Befreiungstheologen nicht gegen den einzelnen Tyrannen kämpften, sondern Hand in Hand mit dem Marxismus / Kommunismus die kapitalistischen Strukturen mit Waffengewalt beseitigen wollten.

 

Die christliche Theologie ist sehr stark Eurozentristisch: Sie ist mit der europäischen Philosophie liiert. Bonhoeffer betonte aufgrund der Bergpredigt und seiner Begegnung mit dem Social Gospel in den USA, immer weniger die theologische Spekulation, das traditionelle Reden über Gott – dafür stärker den Praxisbezug: Wichtiger ist kompromissloses jesusgemäßes Verhalten (freilich auch hier: gegen emotionale Schwärmerei und für verantwortete Nachfolge). Diese Intention, für den Glauben mit dem Leben einzustehen, ohne die Dogmen ins Lebenszentrum stellen zu können, erlebten viele Christen in den Unrechtsstaaten dieser Welt. Durch Bonhoeffer wurde dieses Leben in der Nachfolge aufgewertet – was auch die intensive Rezeption seiner Persönlichkeit erklären kann.

Bonhoeffer greift mit der Betonung der Bibel und der Praxis die pietistische Frömmigkeit auf. Während die pietistische Tradition jedoch die Verkündigung des Wortes und die daraus folgende Praxis fordert, legt Bonhoeffer weniger Wert auf die verbale Äußerung des Glaubens als auf die gelebte Form des Glaubens. Das allerdings immer mit Blick auf die Verantwortung des Einzelnen. Eine allgemeine Forderung, dass sich alle entsprechend einer bestimmten Vorstellung liebend und glaubend zu verhalten haben, wäre Radikalismus, Fanatismus.

 

Anmerkungen:

(1)   Die Kirche hat nicht die Aufgabe, die Herrlichkeit Gottes auf die Erde zu holen, sondern Gott im Kreuz Christi, im Leiden zu erkennen. Es geht nicht um die Spekulation, die Gottes Herrlichkeit erfassen will, sondern darum, die erlösende Befreiung durch Jesu Kreuzestod zu ergreifen.

(2)   Karl Barth, der große Theologe des 20. Jahrhunderts meinte mit anderer Intention als Bonhoeffer: Wir können nicht von Gott sprechen, weil Gott alles Verstehen und Sprechen übersteigt – aber wir wurden von Gott beauftragt zu versuchen, von ihm zu sprechen. Er hat das Handeln anders als Bonhoeffer nicht dermaßen in den Blick genommen.