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Symbole aus religionswissenschaftlicher Sicht

 

 

1. Zeichen

 

Zeichen sind keine Symbole. Die bekanntesten Zeichen sind die Verkehrsschilder. An vielen von ihnen kann man erkennen, worum es geht. Wesentlich ist aber: Man hat sich auf sie geeinigt. Sie zeigen etwas, weisen auf etwas hin. Sie gehören zum Beispiel mit Gesten zu den menschlichen Kommunikationsmitteln.

Aus religionswissenschaftlicher Sicht hängen „Zeichen und Wunder“ zusammen: Die Götter bzw. Gott geben durch Zeichen zu erkennen, was sie dem Menschen sagen wollen. (indogermanisch: zeihhan = Wunder.)

 

2. Symbole

 

Von den Zeichen sind in religionswissenschaftlicher Sicht Symbole zu unterscheiden. Das Wort Symbol kommt von Zusammenwerfen: Ein Zeichen / Symbolträger wird mit einer Bedeutung zusammengeworfen. Das bekannteste Zeichen in der christlichen Religion ist das Kreuz. Es besteht aus einem Symbolträger (aus Holz, Metall, Plastik) dem eine Bedeutung zugewiesen wird.

Kennzeichen von Symbolen:

 

  • Symbole sind häufig Folge historischer Ereignisse. So ist das Kreuz in der Kreuzigung Jesu verankert. Es konzentriert zudem das Leben und Wirken Jesu auf dieses Zeichen des Kreuzes. Das heißt: Das Kreuz (aus welchem Material auch immer) ist als solches Träger der Botschaft vom Tod Jesu für die Menschen und die Auferstehung Jesu von den Toten. Anders als Zeichen wurde das Symbol nicht durch einen Menschen direkt eingesetzt, sondern es ist in einer Gemeinschaft gewachsen.
  • Das Symbol repräsentiert eine Macht – und vermag auch aus diesem Grund selbst Kräfte entwickeln. So repräsentiert das Kreuz die Wirksamkeit des Heilshandelns Christi und ist selbst wirkmächtig. Aus der Tradition ist bekannt, dass das Kreuz als solches Menschen schützen soll, Böses bannen kann.
  • Das Symbol bewirkt das, weil es nicht nur die göttliche, transzendente Macht repräsentiert, sondern diese Macht ist in ihm selbst anwesend. Das heißt, dass Gott selbst in dem Kreuz anwesend ist. Noch deutlicher wird das mit Blick auf das Abendmahl. Es herrscht eine intensive Diskussion über Wein und Brot: Ist der Wein das Blut Christi? Ist das Brot der Leib Christi? Wieweit ist der Symbolträger Christusträger? Die Aussage: Es symbolisiert nur Blut und Leib – ist also aus der Perspektive dessen, was Symbol ist, äußerst ambivalent.
  • Zu dem Symbol gehört auch, dass Menschen sich mit diesem identifizieren. Das Symbol ist Teil von mir, meinem Glauben, meiner Weltanschauung, meines Lebens – und ich bin Teil der Macht, die in dem Symbol anwesend ist. Das wird deutlicher durch das Kreuzzeichen, das Christen (nicht nur katholische) machen: Berühren der Stirn, des Bauches und der beiden Schultern mit zwei Fingern – dazu die Worte: Vaters und Sohn und Heiliger Geist.
  • Die Symbole sind – so heißt es – „Sprache des Glaubens“. Sie konzentrieren alles, was dem jeweiligen Menschen wichtig ist.
  • Symbole sind nicht nur Sprache des Glaubens, sondern das, was den Menschen in ihrem Glauben wichtig ist, wird nicht nur abstrakt erlebbar, erdacht, es wird greifbar. Gott bzw. die Götter selbst sind in diesem materiellen Gegenstand anwesend, somit sichtbar, spürbar, riechbar, manchmal schmeckbar, manchmal hörbar.

Vor allem in der Psychologie, die von C.G. Jung ausgeht, wird die Bedeutung der Symbole dadurch erklärt, dass sie im Menschen schon unbewusst bzw. vorbewusst vorhanden sind. Und wenn man diesen begegnet, dann wird das Unbewusste von ihnen ergriffen und für das eigene Leben bedeutsam.

 

Nicht nur das Christentum hat solche Symbole, sondern zum Beispiel auch der Islam. Das zentrale Symbol ist der Koran. Symbolträger ist ein Buch aus ein paar Seiten mit beschriftetem Papier. Der Koran repräsentiert Allah, Allah selbst ist in dem Koran in seinem Wort gewisser Weise anwesend, und Menschen identifizieren sich so sehr mit ihm, dass wenn einer auf die Idee kommt, ihn ungebührlich zu behandeln, sie massivst gegen den Menschen vorgehen. Ebenso ist aus hinduistischem Bereich bekannt, dass Menschen ermordet wurden, weil sie einer Heiligen Kuh Übles angetan haben bzw. beschuldigt wurden, ihr Übles angetan zu haben. Der Symbolträger ist die Kuh als biologisches Wesen. Anwesend mit der Kuh sind eine Vielzahl von Gottheiten und Geistern.

 

 

3. Verschiedene Aspekte zum Thema Symbol

 

Es wird manchmal im Fernsehen gezeigt, dass in irgendeinem islamischen Land eine amerikanische bzw. eine israelische Flagge verbrannt wird. Es wird gezeigt, wie Menschen in China oder in islamischen Staaten Kreuze zerbrechen, vernichten, von den Kirchen schlagen. Da das Kreuz im oben genannten Sinn ein Symbol ist, wird erkennbar, dass Menschen, die Gegner der Gruppe sind, die Zerstörung des Kreuzes dazu benutzen, den Menschen ihre Verachtung zu signalisieren: Wir sind mächtiger als euer Symbol. Wie euer Symbol zerstört wird, so werdet ihr zerstört werden. Was bedeutet das nun für Flaggen? Flaggen wurden wie Zeichen von Menschen konzipiert – unterscheiden sich also in dieser Hinsicht vom Symbol. Aber: Sie sind auch keine göttlichen Symbole – und somit trifft aber alles andere auf sie zu: Statt Gott/Gottheiten ist nun die Gemeinschaft des Volkes einzusetzen, seine Werte, seine Traditionen und Hoffnungen. Wenn die amerikanische/israelische Flagge zerstört wird, dann bedeutet es wie für die Zerstörung des Kreuzes: Wir sind mächtiger als euer Symbol. Wie euer Symbol zerstört wird, so werdet ihr zerstört werden.

Manche Gruppen übernehmen die Symbole anderer Gruppen, um von ihrer Bedeutung zu profitieren, weil sie in Menschen das berühren, was seit uralter Zeit in ihnen wirksam ist. Das wird zum Beispiel deutlich in der Übernahme der Isis mit dem Horuskind auf der Mondsichel. Christen haben das ägyptische Symbol übernommen, das die Herrschaft der Göttin als Himmelsgöttin zeigt, und haben dieses Symbol auf Maria mit dem Jesuskind übertragen. Negativ wird am Nationalsozialismus deutlich, dass er das uralte Sonnenrad verwendet hat, um die eigene Ideologie aufzuwerten – und damit haben sie das Sonnenrad zumindest in unserer Kultur massivst entwertet.

Manche Gruppen übernehmen das Symbol aber auch, um es abzuwerten. So verwenden Satanisten das Kreuz, stellen es nur auf den Kopf. Das heißt: Wir übernehmen euer Symbol, aber wir drücken unsere Verachtung dafür aus, dass wir es ins Gegenteil verkehren.

Ein Zwischending zwischen Symbol und Zeichen sind die Zeichen, die als Nomina sacra (sing.: Nomen sacrum - heiliger Name) / Akronyme bekannt sind: zum Beispiel das Chi/Rho: XP (Chr-istus), IHS (Jes-us). Zur kunstvollen Gestaltung s. auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Nomina_sacra oder: https://de.wikipedia.org/wiki/Christusmonogramm

Oben wurde die Geste des Kreuzzeichens (https://de.wikipedia.org/wiki/Kreuzzeichen ) genannt. Die Geste als solche ist also Symbolträger. Nicht nur Gegenstände können Symbolträger sein, auch Gesten. So zum Beispiel die Geste des Segnens. Diese sind heute eher bekannt, die Gesten des Fluchens sind weitgehend verloren gegangen bzw. wurden durch Beschimpfungsgesten ersetzt. Aber Gesten spielen in diesem Zwischenbereich zwischen Zeichen und Symbol nicht nur in der christlichen Religion eine Rolle, sondern auch in der asiatischen. Die Mudras, die Handstellungen sprechen aus, was sie sind: So sind zum Beispiel ineinander verschränkte Hände mit aneinandergelegten Zeigefingern, die nach oben weisen, die Geste für die Höchste Erleuchtung (uttarabodhimura).