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Juden und Christen
1. Der Jude Jesus
Jesus war ein Jude aus Nazareth. Er wollte sein jüdisches Volk zur Umkehr führen, es - wie die Propheten - in ein das richtige Verhältnis zu Gott bringen. Er trat öffentlich im Alter von ca. 30 Jahren auf. Er sammelte Menschen seines Volkes um sich, die mit ihm einer Meinung waren, Menschen, die von ihm lernen wollten, Menschen, die von ihm begeistert waren. Er wählte zwölf seiner näheren Anhänger aus, sie sollten seine Schüler/Jünger sein. Immer mehr Menschen folgten ihm. Als er ca. 1-3 Jahre öffentlich gewirkt hatte, wurde er aus religiösen und politischen Gründen verhaftet. Die Führer seines Volkes und die der Besatzungsmacht wollten ihn beseitigen und kreuzigten ihn.
2. Die jüdischen Anhänger/Jünger Jesu
Nach seiner Hinrichtung haben viele seiner Anhänger weiter verkündigt. Zunächst als Juden im jüdischen Volk. Sie bekamen immer mehr Anhänger, jüdische Gemeinden wurden gegründet. Parallel dazu stieg die Verfolgung durch die jüdischen Führer. Die leitenden Jünger (darunter später auch der Apostel Paulus) wichen in heidnische Gebiete aus. Dort überzeugten sie zuerst viele Juden - aber auch Menschen anderer Religionen, die sich zu den Juden hingezogen fühlten. Sie fühlten sich zu den Juden hingezogen, denn sie hatten eine besondere Ethik, lehrten besondere Verhaltensweisen, die so manchen Menschen in dem ethischen Chaos der damaligen Zeit fasziniert haben dürften. Immer aber gab es Spannungen zwischen den Judenchristen und den Menschen, die Juden geblieben waren. Weil Juden in der Mehrheit waren, hatten die ersten Christen unter ihren Volksgenossen viel zu leiden.
3. Judenchristen gerieten in der Kirche in Minderheit
Während zunächst die meisten Christen Judenchristen waren, änderte sich das Verhältnis, als Menschen aus den anderen Religionen die Mehrheit bildeten. Einzelne Heidenchristen versuchten, sich von den Juden zu lösen. So gab es spätestens zu Beginn des zweiten Jahrhunderts Bestrebungen, alle jüdischen Traditionen aus dem christlichen Glauben auszuschließen (Marcion). Das konnte sich aber in der Gesamtkirche nicht durchsetzen, da man wusste, dass Jesus Christus Jude war und man selbst aus der Tradition des Alten Testaments lebt und auch leben will. Denn ohne das Alte Testament kann Gott, an den Christen glauben, nicht recht erfasst werden. Und man wollte als Christen keinen Phantasie-Gott, den der Mensch sich selbst zurecht denkt, sondern eben Gott, wie er sich auch im Alten Testament und in Jesus Christus selbst gezeigt, offenbart hat. Vielerorts lebten in den folgenden Jahrzehnten Juden, Judenchristen und Heidenchristen je nach Ort mehr oder weniger spannungsgeladen bzw. vielerorts auch spannungsfrei zusammen. Als dann die christliche Kirche im Staat machtvoller wurde, kam es zu Übergriffen gegen Juden. (Wie es auch in Gebieten, in denen Juden sehr stark waren, Übergriffe gegen Christen gab, so im Königreich Himyar [heutiges Süd-Saudi Arabien/Jemen] im 5. Jahrhundert. Dieser Teil der Erde, der in der damaligen Zeit politisch wichtig war, wird weitgehend aufgrund des Eurozentrismus übersehen.)
4. Heidenchristen
Als das Christentum in ganz Europa immer mehr Fuß gefasst hatte, gab es kaum noch Judenchristen. Heiden aus den verschiedensten Völkern und Stämmen wurden vom Glauben an Jesus Christus (warum auch immer) überzeugt und schlossen sich der Kirche an. In größeren Städten gab es weiterhin jüdische Gemeinden, die nicht davon überzeugt waren, dass Jesus der versprochene Messias ist. Über das Verhältnis der Christen zu den Juden in Mitteleuropa sprechen die folgenden Seiten.
Aber Christen und Juden kamen ja nicht nur in Mitteleuropa zusammen, sondern bis in die Neuzeit gibt es überall Juden und Christen. Sicher haben auch Christen anderer Länder Schuld auf sich geladen, aber das, was Menschen im Deutschland unter den Nationalsozialisten Juden angetan haben, darf nicht auf das Christentum insgesamt übertragen werden. Doch wir sind in Deutschland sehr sensibel geworden - aber auch der Vatikan - und wir sehen, dass die Schuld nicht nur oberflächlich mit dem Nazideutschland zu verbinden ist, sondern dass die Aggressionen gegen Juden, die im Neuen Testament Ausdruck finden, als Ansporn für fehlgeleitete Menschen dienen können. Damals, als das Neue Testament geschrieben wurde, lebten Christen in der Minderheit und wurden von Juden verfolgt, darum haben sie manchmal abwertend und aggressiv über die Verfolger - und verallgemeinernd über das jüdische Volk - gesprochen, obgleich sie selbst Juden waren.
Wir haben inzwischen gelernt:
5. Messianische Juden
Inzwischen gibt es Messianische Juden. Messianische Juden sehen den Mann ihres Volkes, Jesus von Nazareth, als Messias an, ohne jedoch einer der traditionellen christlichen Konfessionen anzugehören. Sie sind also weder katholisch noch in irgendeiner Form protestantisch, sondern eben Juden, messianische Juden.