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Hinduismus (manches ist veraltet! Bitte weitere Informationen berücksichtigen!)

 

1: Beginn und Grundlage

 

Der Hinduismus hat keinen Gründer und hat sich im Laufe von Jahrhunderten entwickelt – somit gibt es nicht den Hinduismus. Er besteht aus unterschiedlich geprägten Religionen und Philosophien.

 

A) 2500–1800: Industal-Zivilisation: religiöser Fund: Ein dreiköpfiger nackter Asket sitzt im Schneidersitz mit erigiertem Penis unter einem Baum, umgeben von verschiedenen Tieren. Diese Figur wird als Gott Schiva interpretiert. Ebenso wurden viele Terrakotta Frauenfiguren gefunden, männliche / weibliche Geschlechtsorgane (Schivalinga). Darüber hinaus stammen aus dieser Zeit die Verbindung von Göttern mit Reittieren, die Bilderverehrungen und die Anbetung von Pflanzen, Flüssen usw.

 

B) Um 1800 v.Chr. beginnt die „vedische Zeit“. Indo-arische Nomaden nahmen das Tal in Besitz und im Laufe der Zeit mischte sich ihre Religion mit der Industal-Religion. Ihre abstraktere Religion wurde nach langer mündlicher Tradierung in den Veden niedergeschrieben. Die mündliche Überlieferung lief – selbst die Betonung war festgelegt – vom Lehrer (dem Brahmanen/Priester) auf den Schüler. Der Vedismus wird auch wegen der hervorgehobenen Stellung des Brahmanen „Brahmanismus“ genannt. Veden = „Wissen“ [Hymnen, Mantras auf verschiedene Götter und ihre Heldentaten] bestehen aus: Rigveda, Yajurveda, Samaveda, Athrvaveda. Zur vedischen Literatur gehören auch: Brahmanas (Feuerrituale), Aranyakas (Meditationen im Kontext von Opferungen) und Upanischads (philosophische Darlegungen). Die Hauptgötter: Indra (Zerstörer der Städte, Regengott, sich berauschender Gott); Varuna (streng moralischer Gott, er entscheidet, ob jemand in die Hölle oder zu den Vätern kommt – wird gegenwärtig noch angebetet); Rudra (Gott der Heilkräuter, Krankheit, Tiere); Surya (Sonnengott, beschützt, reinigt, Einweihung [nur den drei obersten Kasten erlaubt] = zweite Geburt; gegenwärtig einer der wichtigsten Götter); Vischnu (hat sich in der ganzen Welt ausgebreitet, Vertreiber der Dämonen), Prajapatibrahma (Schöpfergott, aus dem die Kasten gekommen seien: Mund → Priesterkaste; Arme → Kriegerkaste; Schenkel → Bauern und Kaufleute; Füßen → Arbeiter; die Einheimischen galten als Kastenlose); Agni (Götterbote, Feuergott). Wesentlich sind Feuerrituale, deren Vollzug ist genau vorgeschrieben. Durchführung der Rituale und die Interpretation der Veden (was freilich als unmögliches Unterfangen gilt) war Aufgabe der Brahmanen, die als irdische Götter angesehen wurden, weil sie mit ihrer Macht zu opfern, die wahren Worte zu kennen usw. die Götter bestimmen konnten – wie im antiken Zauberwesen. Kastengemäßes Verhalten, dazu gehört der Schutz der jeweiligen Kaste, ist die Pflicht des Hindu. Vom Gesamtergebnis der Taten im vergangenen Leben (Karma) ist es abhängig, in welcher Kaste (bzw. als welches Wesen überhaupt) man wiedergeboren geboren wird. Die rituelle Götterverehrung, wie z.B. rituelle Waschungen der Statuen, wird mit Mantras aus den Veden begleitet.

 

C) Die Upanischaden (Vedanta = Ende der Veden) stellten um ca. 1000 v.Chr. die Rituale in Frage. Es wird unterschieden zwischen den Göttern und dem absoluten Geist (Brahman) – eine Art unbewegter Beweger, womit diese Richtung des Hinduismus als Monotheismus verstanden werden kann. Das Lebensziel besteht darin: Brahman zu erschauen, um damit die Wiedergeburt zu verhindern. Unterschieden wird auch zwischen Körper und Seele (atman) des Menschen (später von der Sankhya-Yogaphilosophie betont). Atman verlässt nach dem Tod den Körper und geht in Pflanzen, Gebärmütter usw. ein. Verbunden wird dann atman (Seele) mit Brahman (absoluter Geist) – darum versucht die Seele schon im Leben des Hindu mit Brahman eins zu werden – das durch den rituell-meditativ gesprochenen Laut Ōm (AUM: A-Entstehung; U-Erhaltung; M-Zerstörung), der als die Essenz von allem, somit mit Brahman verbunden ist, gilt. Die religiösen rituellen Handlungen werden in den Upanischaden durch meditative rituelle Handlungen ersetzt. Freilich all das noch im Rahmen der Veden.

 

D) Gegen die Veden entwickelten sich: Buddhismus, Jainismus (vollkommene Askese löst den Menschen vom vergänglichen Körper) und die Gruppen der Carvakas (es ist alles nur Materie, insofern gibt es keine Seele; Wahrnehmung zählt, nicht die Deutung) und Ajivakas (der Mensch kann das Karma nicht beeinflussen). Zum Tantrismus s. F)

 

E) Der Hinduismus entwickelte sich in Auseinandersetzung mit den Abspaltungen (s. D) zu einem nachvedischen Hinduismus weiter, so wurde selbst Buddha zu einer Inkarnation Vishnus. Einige Götter traten zurück, andere, so vor allem weibliche, traten hervor, sie bekamen PartnerInnen und Kinder. Bedeutend unter den 300 Millionen Göttern ist die Hindu-Trinität: (a) Brahma (Entstehen) mit Frau Sarasvati, Göttin der Kunst, die wegen ihrer Kraft von der Trinität selbst verehrt wird, (b) Indra-Vishnu (Erhalten), mit seiner Frau Laksmi, Göttin des Wohlstands; zehn(?) Inkarnationen, wenn die Moral am verfallen ist, so in Rama (7. Inkarnation), Krischna (8. Inkarnation), Buddha (9. Inkarnation). Die 10. Inkarnation ist Kalki am Ende der Welt; (c) Rudra-Schiva (Vergehen), mit seiner Frau Parvati, Göttin gegen Dämonen, zwei Söhne, der eine: Ganesa, der Elefantengesichtige, der Hindernisse beseitigt und Familienfreuden schenkt. Weiterhin erfreut sich Surya, der Sonnengott großer Beliebtheit. Zu ihm gehören ausgeklügelte tägliche Meditationspraktiken. (Dargestellt in Vanamali Gunturu 82ff.)

 

 

Hinduismus 2: Tantrismus

 

(F) Neben dem buddhistischen gibt es nach anfänglichen Auseinandersetzungen den hinduistischen Tantrismus. Der Tantrismus wurde als unsittlich abgelehnt, er änderte die Hindu-Gottheiten, indem er den Göttinnen besondere Rollen zuweist und achtete die vedischen Vorschriften nicht sehr stark, so in der Auflösung des Kastendenkens: Auch Frauen und Unberührbare (darunter auch Ausländer) dürfen Gurus sein. Im Tantrismus gibt es fünf Richtungen, je nachdem, welche Gottheit dominiert. Tantra = Literaturgattung, die alchimistische, magische, esoterisches Wissen/Lehren und Rituale gesammelt hat. Mantras werden betont, die aus Lauten bestehen – und die Laute sind die Grundlage von Göttern und Welt. Indem diese Laute aussprechend meditiert werden, das heißt die Körperglieder ihnen geöffnet werden bzw. sich der Meditierende selbst auf die Götterstatue hin überträgt, gelangt er zu Göttern und Welt (s. C: Ōm). Yantras/Cakras sind Zeichnungen, die die göttliche Kraft darstellen; sie werden, je nach Gottheit, auf unterschiedlichen Materialien gezeichnet, um in sich selbst die göttlichen Kräfte zu wecken. Wesentlich ist der jeweilige Guru (s.o.: Brahmane), er ist wichtiger als ein Gott, der in seiner Gnade seinem Schüler geeignete Mantras aussucht und ihn in das Geheimwissen einweiht. Während der Hinduismus eher abstinent ist, betont der Tantrismus jedoch auch den Genuss (Alkohol, Fleisch, Fisch, mystische Gestik, Geschlechtsverkehr). Alkohol verbindet mit dem Brahma usw. und der Geschlechtsverkehr (der seit alters in der Hinduistischen Religion eine Rolle spielte, s. A) erweckt die Kundalini-Kraft und führt zum höchsten Ziel der spirituellen Übung: Vereinigung der Kundalini-Kraft mit dem tausendblättrigen Cakra im Kopf. (Anmerkung: Die Kundalini-Kraft spielt gegenwärtig in vielen esoterischen Werken eine große Rolle, wenn auch eine von dieser Tradition mehr oder weniger abgelöste.) Das bedeutet: Es handelt sich um orgiastische/ekstatische Versuche, sich den Gottheiten zu nähern / Vereinigung zu erlangen, auch mit schwarzmagischen Praktiken in den Kali/Schiva-Gruppen (Menschenopfer, trinken von Alkohol aus Menschenschädeln usw.).

 

 

Hinduismus 3: Werke

 

Große Rolle spielen auch zwei Epen. Neben „Ramayana“ (Epos über den Gott Rama = Inkarnation Vischnus) vor allem die Krischna-Episode aus dem Epos „Mahabharata“. Diese Krischna-Episode wird Bhagavadgita (Der Gesang des Erhabenen) genannt und ist (seit dem 19. Jh.?) eines der einflussreichsten Bücher des neueren Hinduismus. Krischna, soll als eine Inkarnation Vischnus 3102 Jahre v.Chr. gelebt haben. Das Werk stammt ca. aus der Zeit 300/200 Jahre v.Chr. bis 200 n.Chr.; 800 n.Chr. lag es spätestens in seiner heutigen Form vor. Krischna überzeugt einen Heerführer, der Skrupel hat, gegen Menschen zu kämpfen, die ihm nahe stehen, davon, dass er seiner Bestimmung zu folgen habe, weil er nur die Körper seiner Gegner töte, nicht aber deren Seele. Und so beginnt er den Kampf. Während dieser Überzeugungsversuche wird über Gott und die Welt gesprochen. Die Welt geht demnach immer wieder aus der Gottheit hervor, die als Geist die Seele des Menschen ist und als Kraftsubstanz die Natur bildet. Solange der Mensch sich mit seiner Körperhülle identifiziert, ist er dem Karma (der regelmäßigen Wiedergeburt) unterworfen – damit er das nicht mehr ist, muss er sich von der Welt lösen, indem er sich der Gottheit, dem Seinsgrund, ausliefert. Diese Auslieferung wird Bhakti, Gottesliebe, genannt, die möglicherweise in der Verschmelzung mit Krischna endet (nach anderen Auffassungen bleibt die Individualität der Seelen bestehen). Erst wer diese Reden Krischnas annimmt, erreicht sein Ziel – alle anderen bleiben immer dem Kreislauf des Karma unterworfen. Brahmanische Lebensordnung wird in der Bhagavadgita anerkannt, aber gebrochen. So geht es ihr nicht mehr so sehr um Rituale, sondern darum, dass der Einzelne zur Erkenntnis des Seinsgrundes kommt, und das durch Yoga. Ansätze des Yoga sind in der Bhagavadgita vorhanden, das heißt, das Gelehrte muss durch Meditationsübungen angeeignet werden. Es geht um die Anbindung von Kräften und Energien an die Person, die vorher nicht erkannt worden waren (anders als bei Buddha; ihm geht es um Ablösung von diesen illusorischen Kräften und Energien). So tritt auch im 18. Gesang, der den vollkommenen Menschen darstellt, die große Sehnsucht des Menschen zu Tage, mit der Gottheit eins zu werden, wie wir sie ansatzweise bei den Stoikern finden (Befreiung von Leidenschaften; Anpassung an die alles durchwaltende Gottheit) – freilich muss beachtet werden: In der Gita wird das immer im Kontext des oben genannten Themas: Bruderkampf gelehrt – als einer, der der Kriegerkaste angehört, gehört auch der Kampf zur Aufgabe des Herrschers, somit ist das Weltbild, die Kastenordnung der Veden, gebrochen aufrecht erhalten.

 

 

Hinduismus 4: Weitere Formen und Entwicklungen

 

Im Hinduismus ist diese Gottesliebe vielfach – als Bhakti-Bewegung – aufgegriffen worden: So in Legenden, in denen Menschen sich in Krischna/Rama (eine weitere Inkarnation Vischnus) verliebt haben; so ist Krischna allein ein Mann und alle, auch Männer, sind seine Frauen; oder: die Gottheiten werden als Eltern verehrt, ihnen werden Liebesdienste erwiesen, z.B. durch Waschungen, Ankleidungen, Tänze, Speisungen usw.

 

Die weitere Entwicklung veränderte weiterhin die Göttervorstellungen. So vereint Dattatreya die Hindu-Trinität. Er inkarniert sich immer wieder, so im letzten Jahrhundert in einigen Gurus, so in Shirdi Sai Baba (+1917). Ayyapa, Kind der weiblichen Inkarnation Vischnus und Schivas, ist der Gott der konstruktiven Destruktion, mit ihm verbunden wird ein strenger männlicher Kult.

Tiere: Die Reittiere der Gottheiten können selbst göttlichen Status besitzen, die Kobra (verehrt von Frauen wegen Ehepartner) oder die Kuh haben göttlichen Status, ohne Reittiere zu sein. Die Kuh ist der Sitz aller Götter, jeder Teil ihres Körpers beherbergt eine Gottheit (Schiva im Gesicht, Vischnu in der Halsgegend, Brahma im Buckel). Pflanzen: Der Pipal-Baum hat die Gestalt Vischnus, Wurzeln sind Brahma, Stamm ist Vischnu, Krone ist Schiva, weiterhin zu nennen sind der Banyan-Baum und die Tulasi-Pflanze, die Lieblingspflanze der Vischnu-Verehrer, die auch im Ayurveda eine Rolle spielt. Flüsse: Ganges: ein Bad reinigt von Sünden, er befreit die Ahnen aus dem Zyklus der Wiedergeburt. Ebenso spielen Berge eine Rolle.

 

Die verschiedensten Traditionen spielen bei den Hindus eine Rolle. Bis heute haben reiche Menschen einen Brahmanen angestellt, der ihnen die Feuerriten leitet und die Veden auslegt, daneben gibt es die verschiedenen Richtungen der Bhakti-Bewegung, tantrische Bewegungen verschiedenster Art existieren neben den Guru-Göttern – in der Tradition der Brahmanen – , die jeweils ihre Erleuchtungen bzw. ihre Yoga-Wege als Weg zur Erleuchtung anpreisen. Neben diesen gibt es Fromme, die die jeweiligen Gottheiten in den Bildnissen ehren, dann wieder solche, die eine Gottheit als Weltdurchwaltung ansehen. Man glaubt an Wiedergeburten der strengeren Art, das heißt, es gibt kein Entrinnen, man ist dem Karma ausgeliefert, andere kennen Abkürzungswege, das heißt Befreiungen von diesem: das durch Meditationen oder durch Bäder im Ganges oder durch Fürsprache bestimmter Gottheiten. Damit verbunden ist die Bedeutung des Kastenwesens. Auch dieses wird streng gehandhabt in manchen Gruppen und Regionen, andere kennen Gottheiten, die das Kastenwesen aufheben. Weil es diese große Vielfalt gibt, spielen die jeweiligen aufgrund ihrer Weisheit aus der Vielfalt selektierenden Gurus für manche eine so große Rolle, da diese, wenn man sich ihnen ausliefert, den Weg der Erlösung vom Karma schlechthin zeigen. Ethisch ist vor allem das zu tun, was die Kastenordnung als göttliche Ordnung vorschreibt. Dann gibt es Durchbrechungen der Kastenordnungen, wie es die Bhagavdgita andeutet, es geht um Ablegen emotionalen Verhaltens und die Versenkung in Gottheiten. Vanamali Gunturu nennt als Lebensziele des Hindus: Gewaltlosigkeit, Erwerb von Wohlstand, Befriedigung der Triebe, weiter: Sauberkeit, nicht stehlen usw. – und all das mit Blick auf die Befreiung vom Kreislauf der Wiedergeburten. Das Leben wird in vier Lebensstufen aufgeteilt: Schülerschaft, Familiengründung, Auflösung der Bindungen, Entsagen von der Welt. Nur Einzelne dürfen diese Lebensstufen übergehen, und z.B. der Welt entsagen ohne vorher eine Familie gegründet zu haben.

 

 

Hinduismus 5: Theologische Grundthemen kurz dargestellt:

 

Ursprünglich und später: Manakraft = Ursache von allen, die Gottheiten. Opfer dienen dazu, Gottheiten dazu zu bringen, dass sie diese ihre Mana-Macht für mich anwenden. Wer das kann, bekommt Macht über die Götter; das heißt durch die richtig dargebrachten Opfer und Gebete bekommen die Brahmanen Macht über die Götter. Götter werden also erst durch die Brahmanen mächtig – und Brahmanen werden mächtig, weil sie Götter durch Opfer mächtig machen können. Die Wiedergeburt war ursprünglich wohl positiv gedeutet, weil sie ein Anwachsen der Macht des Menschen mit sich brachte. Man blickte in die Zukunft als Weiterentwicklung auf das Ziel hin.

Upanischaden und später: Brahman ist die Allkraft/das Seiende – die Welt ist das Gegenteil: Illusion, Leiden, Nichts. Wiedergeburt wurde negativ interpretiert, weil sie an das Nichts, an die Illusion, an die Welt kettete. Man blickte auf die Gegenwart und versuchte zu erklären, warum es manchen gut und manchen schlecht gehe. (Der Glaube an die Wiedergeburt diente aber auch politisch zur Ruhigstellung der eroberten Industalbewohner.)

Brahman = Atman (Seele des Menschen, allerdings vom Nicht-Sein unberührt). Es werden Wege der Verbindung von Atman + Brahman (Yoga, Askese ... = in sich schauen, losgelöst von allem Nicht-Seienden/weltlichen) gesucht. Verheißung: Alle Welt erlangt der, der das Selbst erkennt (wie der Brahmane alle Welt durch seine Manakraft besitzt) (Chandogya Upanishad 8.7.1). Wiedergeburt als das Negative kann, wie die gegenwärtige Illusionswelt, schon jetzt auf verschiedenen Wegen überwunden werden.