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Heilige Schriften der Religionen

 

 

a) Judentum:

Besonders wichtig sind für Juden die ersten fünf Bücher Mose: die Offenbarung am Sinai (Tora) - daneben freilich auch die Propheten und andere Schriften. Doch blieb das Judentum nicht bei diesen Schriften, die von ca. 300 v. Chr. bis 1. Jh. n. Chr. zu einem Kanon zusammengefügt wurden, stehen, sondern sammelte in der nachbiblischen Zeit mündliche Überlieferungen (Mischna) und es sind rabbinische Kommentare dazu erschienen (Talmud). Für manche jüdischen Gruppen gelten diese insgesamt (Bibel + Mischna - Talmud) als göttliche Offenbarung bzw. als Auslegung göttlicher Offenbarung.

 

b) Christentum:

Gott spricht in der Bibel (Altes und Neues Testament) durch Menschen, die ihn in bestimmten Situationen erfahren haben, von ihm gehört haben, ihn erlebt haben (darum enthält sie Gattungen unterschiedlichster Art: Geschichtsschreibungen, Briefe, Biographien usw., die im Laufe von ca. 1000 Jahren entstanden sind). Gottes Wort und Menschenwort sind miteinander verwoben – durch den Menschen, der es liest, kann es (durch das Wirken des Gottesgeistes) zu Gottes Wort werden. Darum ist die Interpretation in der jeweiligen Zeit wichtig (Hermeneutik). Und diese nach-neutestamentlichen Interpretationen durch die Jahrhunderte hindurch sind vor allem in der Orthodoxen und der Katholischen Kirche von großer Bedeutung (Kirchenväter). Einzelne christliche Gruppen sehen die biblischen Schriften als wörtlich inspiriert an, das heißt, dass der Geist Gottes die Worte in ganz besonderer Weise inspiriert (z.B. eingehaucht, diktiert) hat.

 

c) Islam:

Allah hat, so die islamische Überlieferung, Mohammed die Schrift durch den Engel Gabriel in Auditionen übergeben. Der Koran ist Entsprechung eines Buches, das bei Allah liegt. Er ist als solcher Allahs Wort und darum anders zu handhaben als die Bibel. Nicht die Interpretation ist wichtig, sondern die Rezitation des heiligen, arabischen Textes. (Historisch gesehen wurden die Offenbarungen, die Mohammed bekommen hat, auf unterschiedlichen Materialien niedergeschrieben, nach seinem Tod gesammelt, zusammengestellt, interpretiert. Darüber hinaus gab es zahlreiche Menschen, die Texte des Mohammed auswendig kannten. Damit er einende Wirkung entfalten kann und glaubensmäßig mit dem einen himmlischen Buch verbunden werden konnte, wurden Konkurrenztexte verdrängt.) Neben dem Koran sind Hadithe lebensrelevant: Sie stellen am Vorbild Mohammeds dar, wie ein Muslim zu leben hat. Mohammed kannte die Bibel und hat sie streckenweise neu formuliert, weil er Juden und Christen als Verfälscher des himmlischen Buchs angesehen hat.

 

d) Buddhismus:

Schriften des Buddhismus (Tipitaka/Tripitaka – Dreikorb) haben eine wirre Entstehungsgeschichte. Sie beinhalten möglicherweise auch Worte Buddhas (Siddhartha Gautama), dessen Leben in den Zeitraum um 600 v. Chr. datiert wird. Die Schriften versuchen durch meditativen Nachvollzug den Menschen von allem zu lösen, damit er die Erwachung / Erleuchtung erfährt. Darüber hinaus enthalten sie Verhaltensregeln für Mönchsgemeinschaften und Laien. Hier steht nicht die göttliche Herkunft der Schriften im Blick, sondern sie sind gesammelte Weisheiten des Menschen - der Vetter des Buddha soll hunderte von Aussagen Buddhas auswendig gewusst und niedergeschrieben haben. Diese Schriften wurden durch weise Menschen erweitert, haben in den jeweiligen Völkern, in denen buddhistische Religion Fuß fasste (Tibet, Japan), weitere weise Schriften zur Seite bekommen. (Details s. http://www.evangelische-religion.de/kanon-geschichte.html )

 

e) Hinduismus:

Die vier Veden beinhalten spirituelles und magisches Wissen, das durch die Jahrhunderte hindurch (ab 1800 v. Chr.?) gesammelt wurde. Die Schriften fördern die Verehrung der jeweiligen eng mit der Natur verbundenen Gottheit (göttliche Naturkräfte) durch Hymnen, liturgischen Handlungen, Ritualen, Opferdarbringungen, magischen Worten und Handlungen, Weisheiten großer Gurus / Brahmanen. Für den neueren Hinduismus ist die Bhagavadgita (als Gegenpart zu den christlichen Evangelien) relevant (entstanden zwischen 300 v. bis 800 n.Chr.): Krischna, eine Inkarnation Vishnus, belehrt den Anhänger anhand eines Kampfes über Götter und Welt, über den Weg, den der Mensch gehen muss, um sich der Gottheit, dem Seinsgrund, ausliefern zu können. (Details s. http://www.evangelische-religion.de/hinduismus.html )

 

f) Konfuzianismus:

Konfuzius lebte vermutlich im 6./5. Jahrhundert v. Chr. Ihm war die hierarchische Ordnung der Gesellschaft wesentlich, die allerdings auch den Bereich der Ahnen umfasste – das verbindet seine Lebensphilosophie mit Religion. Der edle Mensch passt sich an diese Ordnung an und gelangt so zur Harmonie der Welt. Er belehrte seine Schüler mit weisen Worten damit sie die Harmonie, die Mitte der Welt finden. Er selbst hat keine Schriften hinterlassen, seine Worte wurden von seinen Schülern gesammelt und aufgeschrieben.

 

g) Daoismus/Taoismus

ist wie der Konfuzianismus eine chinesische Tradition, an deren Beginn Laotse steht. In ihm werden jedoch stärker als im Konfuzianismus spirituelle Elemente aufgegriffen: Meditation, Magie, Alchemie, Dämonen – bekannte Begriffe sind Qi (Energie), Yin Yang – Techniken, die den Körper, den Atem, den Geist kontrollieren und kultivieren sollen, um Unsterblichkeit zu erlangen. Das Daodejing besteht aus einer Fülle an mystischen Worten, die in der Folge viele Kommentare hervorgerufen haben. Aber auch die Schriften anderer Weiser prägen den Daoismus.

 

Fazit:

Es wird deutlich, dass das, was unter „Heilige Schrift“ zu verstehen ist, in den Völkern variiert. Als gemeinsamer Nenner kann festgehalten werden, dass sie die jeweiligen Menschen anleiten, ihr Leben in irgendeiner Form bewusst zu leben, ihr Leben gezielt auszurichten. Sie beinhalten Weisheiten und Gotteserfahrungen, die über Generationen hinweg gesammelt wurden und Menschen über Generationen hinweg geprägt haben.

Die Schriften der westlichen Traditionen werden durch ihre Abhängigkeit von der Tradition des Judentums von Gott hergeleitet: Sie beinhalten Weisheiten und somit Hinweise, dem Willen Gottes zu folgen, Gott kennenzulernen.

Die Schriften des Ostens beinhalten stärker Weisheiten und Anleitungen zum Umgang mit transzendenten Mächten/Energien/Dämonen.

 

 

Historisch-kritische-Exegese - Auslegung der Schriften aus der historischen und kritischen Perspektive

Historisch-kritische Exegese ist ein Kind der Verbindung des Protestantismus mit der Aufklärung. Es geht darum, die Bibel besser zu verstehen, sie aus ihrer Zeit heraus zu verstehen – damit wurden Gegenpositionen eingenommen gegen willkürliche Bibelauslegungen. Inzwischen arbeiten auch katholische Exegeten historisch-kritisch. Andere Religionen tun sich damit noch sehr schwer (wobei es auch in der Evangelischen Kirche immer wieder massive Kritik daran gibt):

  • Der Koran wird als Allahs Wort angesehen, dem Mohammed durch den Engel Gabriel diktiert wurde. Von daher darf der Koran vom Islam her gesehen, nicht historisch-kritisch ausgelegt werden (was sich freilich auf Dauer zumindest in Europa und den USA nicht vermeiden lässt – und wenn es durch christliche Exegeten geschieht).
  • Buddhistisch/Hinduistische heilige Schriften sind für Europäer sehr kompliziert, werden darum nur in kleinen Teilbereichen historisch-kritischer Exegese unterzogen. Ob Buddhisten/Hindus das selbst bewerkstelligen, entzieht sich meiner Kenntnis.

 

 

Wie verstehen Christen aus der Perspektive der historisch-kritischen Exegese die Aussage:

„Die Bibel ist Gottes Wort“?

Gott spricht durch Menschen, aber die Menschen bleiben immer sie selbst, mit ihren Ängsten, Vorlieben, Gedanken. Worte, die sie überliefert haben, können einem anderen zu Gottes Wort werden – und je mehr man sich mit diesen Texten beschäftigt, desto mehr sieht man die Besonderheit, die Herausforderung dieser Texte an: Sie lenken Menschen auf ganz neue Bahnen… Grundsätzlich hat die Bibel jedoch eine andere Stellung als der Koran, denn für Christen ist Jesus Christus das Wort Gottes (Johannesevangelium Kapitel 1). Das bedeutet: Das Wort ist nicht in einer schriftlichen Überlieferung fixiert, sondern lebendig. Freilich auch von der schriftlichen Überlieferung nicht gänzlich losgelöst, weil durch sie Jesus als Wort Gottes bekannt wird. Von hier aus gesehen fällt es Christen leichter, die Bibel historisch-kritisch zu lesen.

Vgl. die "Barmer-Theologische-Erklärung: http://www.evangelische-religion.de/bekenntnisse.html