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Mohammed und Jesus

 

Christliche Strömungen zur Zeit Mohammeds:

 

Judentum und Christentum waren im arabischen Raum verbreitet, zum Teil bestimmend. Christentum gab es in verschiedenen Ausprägungen: Gnostische Christen lehnten einen gestorbenen Jesus ab (kannte Mohammed das gnostisch geprägte Barnabasevangelium?), die Reichskirche betonte die Zwei-Naturen-Lehre (Christus wahrer Gott und wahrer Mensch), Monophysiten hielten an der göttlichen Natur Jesu fest (Jesus Christus = Gott), während Nestorianer – die im 4. Jh. schon bis nach Indien und im 7.Jh. bis nach China vorgedrungen waren – an der Menschheit Jesu festhielten und ihn von Gott trennten (Jesus Christus = Mensch und daneben Gott: zwei Personen parallel in einem). Arianer sahen Jesus als geschaffen an, somit gab es - wenn auch nur kurz - eine Zeit, in der er nicht war (vgl. Sure 3,59).

 

Mohammeds Kritik an Christen:

 

Im Folgenden werden nur die Aussagen Mohammeds wiedergegeben. Andere Aussagen, so die im Hadith von Sahih Muslim, dass Jesus kommen wird, 40 Jahre lang leben, heiraten, Kinder zeugen und eine Pilgerfahrt nach Mekka unternehmen wird, wurden nicht aufgenommen.

 

Mohammed stand in alttestamentlicher und neutestamentlicher Tradition. Er meinte, dass er im Dienste des Gottes stehe, in dem auch die alttestamentlichen Propheten standen. Er sei der letzte Gesandte, der Maßgebende, der Maßstab für die vor ihm ergangenen Worte (Sure 3,2). Die ihm offenbarten Worte seien Gottes Worte schlechthin, womit historische Tatsachen, die diesen Offenbarungen widersprechen, den Offenbarungen untergeordnet werden. Die Schriften von Juden und Christen wurden als „inspiriert“ anerkannt, freilich fand Mohammed in ihnen zahlreiche „Fälschungen“ bzw. falsche Auslegungen, was ihnen vorgeworfen wird: „Es ist ein Umbiegen mit ihren Zungen und ein Stechen in den Glauben“ (4,46 und 3,78). Erst im dritten Anlauf (nach Moses und Jesus) konnte Allah sich vollständig gegen die Fälscher durchsetzen und wird den Koran – anders als die Bibel – vor Fälschungen bewahren (Sure 15,9; 2,140).

 

Jesus wird als herausragender Prophet anerkannt (er ist Gesalbter, Sohn der Jungfrau [nicht Inkarnation, sondern in Maria geschaffen; 3,45–59], Wundertäter [3,49; 5,112–115], Diener des Einen Gottes; er wird in der letzten Zeit wiederkommen [Sure 43,61]). Doch viele Aspekte der Lehre und Biographie Jesu werden nicht aufgenommen, somit indirekt als nachträgliche Fälschungen / Umdeutungen angesehen

 

So wird abgelehnt, dass Jesus Allahs Sohn sei (Sure 9,29-33; 6,101), weil die Zeugung des Gottessohnes plastisch - im heidnischen Sinn als Verkehr eines Gottes mit der Menschenfrau Maria - vorgestellt wird (6,101). Der Glaube an die Sohnschaft Jesu wird mit Höllenstrafen bedroht (19,86ff.).

Abgelehnt werden der Kreuzestod (Sure 4,157), der Sühnetod sowie die Auferstehung Jesu.

Verstanden wird die „Trinitätslehre“ – die Einheit Jesu Christi mit Gott Vater und dem Heiligen Geist – als ein Drei-Götter-Glaube (Sure 5,73.116 [auch Maria als Göttin; Sure 19 ist nach Maria benannt]).

Und wer nach Mohammed, dem Gesandten Allahs, weiter daran festhält, der müsse bekämpft bzw. unterworfen werden (Un- bzw. Falschgläubige müssen besonders gekennzeichnete Kleidung tragen, sie dürfen keine öffentlichen Ämter bekleiden, sie dürfen nur im Stillen ihrem „Unglauben“ folgen, müssen gedemütigt Schutzsteuern zahlen [Sure 9,29] bzw. gebrandmarkt werden [9,35]? [Unterwerfungszeichen auf den Angesichtern: 48,29], den Ramadan beachten; Götzendiener werden getötet [9,5 – auch Juden und Christen: 9,30.52?] und nehmen Ungläubige Zuflucht zu Mohammed, sollen sie aufgenommen aber „missioniert“ werden [9,6]). Muslime können diese Stellen als solche interpretieren, die als Reaktionen auf Angriffe zu verstehen sind: Juden bzw. Christen und Heiden haben Mohammed angegriffen - darum erlässt er so harrsche Befehle.

Mohammed lehnt die Bezeichnung Gottes als Vater ab, das heißt die persönliche Nähe Gottes, der in den Glaubenden wohnt. Das bedeutet: Es wird zwischen Mensch und Allah eine starke Distanz gesehen (Sure 19,93), Allah ist der Transzendente, der souveräne Richter, der seinen Willen in Mohammeds Offenbarungen mitteilen lässt.

Die Feindesliebe (Mt 5) spielt keine Rolle bzw. die Glaubensfreiheit des Anderen (Mt 13,24-30) (womit Mohammed wohl christlichen Traditionen außerhalb des Neuen Testaments nahesteht) - was freilich nicht alle Muslime so sehen.

Jesus werden Worte in den Mund gelegt, die im Neuen Testament nicht zu finden sind (Sure 5,72: „O ihr Kinder Israel, dienet Allah, meinem und euerm Herrn“ – und Sure 43,63f. führt weiter: „dies ist ein rechter Pfad“. Oder siehe das Wunder mit Jesu Worten 5,112–116; auch der neugeborene Jesus spricht in Sure 19,27–33: „Siehe, ich bin Allahs Diener ...“; 61,6 sagt Jesus: „Oh, ihr Kinder Israel, siehe, ich bin Allahs Gesandter an euch, bestätigend die Thora, die vor mir war, und einen Gesandten verkündigend, der nach mir kommen soll, des Namen Ahmad ist“ [hier wird Joh 14,16 und 16,7 uminterpretierend bearbeitet: parakletos = Tröster wird verändert zu periklytos = der Gepriesene = arabisch: Ahmad = Variante zu Muhammad; in 61,7 wird davon gesprochen, dass Menschen, anders Mohammed, gegen Allah eine Lüge ersinnen). Eine Interpretation der Samenkorn-Gleichnisse Jesu finden wir: Sure 48,29. Juden und Christen wird vorgeworfen, Texte ausgelassen zu haben, die im Alten/Neuen Testament Mohammed verheißen haben sollen (Sure 5,13f.). (Auch Maria und die Jünger [3,52; 61,14] und alttestamentliche Gestalten werden uminterpretiert und mit Bekenntnissen zu Allah und sich als Muslim bekennend vorgestellt: Ismael sollte von Abraham geopfert werden, nicht Isaak; Sure 37,100ff.; vgl. die dem Abraham in den Mund gelegten Worte: Sure 2,126ff.: Wisst ihr es besser oder Allah? [140])

Die Bedeutung, die im Neuen Testament der „Heilige Geist“ hat, bekommt m Koran der Engel Gabriel (Sure 2,97-98; 16,102).

Für Mohammed haben Juden und Christen (die Schriftbesitzer) und er denselben Gott. Aber er ist nur insofern derselbe Gott, wenn er im Sinne Allahs verstanden wird. Alle anderen Aussagen seien Hinweise auf ihre Abtrünnigkeit, darum werden sie in der Hölle enden.

Nun kann man natürlich sagen: Mohammed hat die christliche Interpretation, dass Jesus Gottes Sohn sei, nicht verstanden, es sei christlich anders zu verstehen, somit sei ein Gespräch mit Muslimen darüber möglich; oder: Mohammed habe das, was die Kreuzigung Jesu betrifft, falsch überliefert bekommen, von daher kann es im religiösen Gespräch korrigiert werden – doch so einfach geht das leider nicht, weil der Koran ja als das Wort Allahs schlechthin angesehen wird, müsste ja auch Allah sich geirrt haben, indem er die Christen falsch verstanden hat (ebenso wenn Maria, die Mutter Jesu, mit Maria, der Schwester Aarons identifiziert wird [Sure 19,27–33; ist das im Sinne von „Haus Aaron zu verstehen? Aber 3,35ff. wird der Vater des Mose als Vater Marias bezeichnet]). Ein Irren Allahs (und seines Gesandten?) ist für den Koran undenkbar. Gott ist nach christlichem Verständnis übrigens nicht 1+1+1 = 3, sondern die dritte Potenz von 1: (13) = 1. (Zur Trinität s. http://www.evangelische-religion.de/trinitaet.html )

 

Unterschiede in der Ethik:

 

Die Heiligkeit Gottes wird im Neuen Testament stärker betont als von Mohammed, trotz seiner Distanzierung Allahs von Menschen. Menschen können laut Neuem Testament Gott nicht von sich aus nahen außer in dem Sohn Gottes Jesus Christus; der Mensch ist grundlegend ein Sünder, Gegner Gottes. Nach Mohammed ist Gutes Tun ein Moment, der von Allah belohnt wird, so dass dieser, je nach Ausschlag der Waage der guten / bösen Werke ins Paradies kommen kann. Das heißt, durch seine Taten kann der Mensch Allah näher kommen, was für Christen normalerweise nicht gilt, denn die Nähe zu Gott ist durch Jesus Christus schon gegeben, muss nicht erst erlangt werden.

Allah kann auch gnädig sein, Sünde übersehen, daran haftet jedoch eine gewisse Willkür - oder "Freiheit" Allahs. Insofern kann selbst Mohammed nicht sicher sein, ob Allah ihn annehmen wird (Sahih al-Bukari, Hadith 5.266; vgl. Sure 14,4) und andere können auch nicht sicher sein: Gehorcht Allah und seinem Gesandten; vielleicht findet ihr Barmherzigkeit (Sure 3,132 vgl. 5,35 - so zumindest die Übersetzung; anders 3,31). Zum anderen: Gnade ist nur gültig, wenn gute Werke folgen (Sure 5,74 und 6,54). Sure 3,99 spricht – im Vergleich mit den Schriftbesitzern – allerdings davon, dass Muslime anders als diese dem Feuer entrissen seien.

Manchmal ist die Barmherzigkeit Allahs mit Übeltätern eigenartig, so dann, wenn eine Sklavin – trotz Verbot – um Gewinn willen zur Hurerei gezwungen wird: 24,33; das hat möglicherweise damit zu tun, dass der Koran an konkreten Situationen ausgerichtet ist und auf sie eingeht, in diesem Fall auf einen Menschen, der Mohammed nahesteht, der ihn damit reinwäscht.

Nach christlichem Verständnis sind auch unterlassene gute Taten Sünde und nicht allein das Nicht-Erfüllen vorgeschriebener Taten (beachte aber Sure 92,19). Die Vorstellung von Christi Sühnetod wird von Mohammed nicht anerkannt, da jeder sich selbst verantworten müsse. Im Christentum nimmt Jesus die Sünden der Menschen auf sich, um die Menschen zu befreien – es ist aber nicht allein der Mensch Jesus, der wirkt, sondern Jesus in seiner Einheit mit Gott (z.B. 2Kor 5,19). Und da es diese Einheit Jesu Christi mit Gott für Mohammed nicht gibt, kann er auch die spezifische Sühnetodvorstellung nicht annehmen. (Freilich gibt es bei den Wahhabiten die Vorstellung, dass Märtyrerinnen [Märtyrer bekommen Huris – ob es nun Jungfrauen oder Trauben sind] Auserwählte ins Paradies mitnehmen dürfen – d.h. es gibt die Vorstellung, dass ein anderer durch den Tod dieser Frau gerettet werden kann. Die Vorstellung der "Huris" wird auch rein spirituell, metaphorisch interpretiert.)

Mohammed kann auch den Tod Jesu nicht akzeptieren, da er von der Vorstellung ausgeht, dass Allah seine Gesandten vor der Verfolgung bewahrt (Sure 47; vgl. Sure 48: Der Sieg ist Zeichen der Sündenvergebung).

"Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur" (Paulus) – das kann Mohammed nicht sagen, da es auf den Einzelnen ankommt, die ihm vorgeschriebenen Werke zu wirken.

Liebe Allahs ist abhängig vom Tun (Sure 2,190; 2,276; 3,57; 4,160) – nicht so im christlichen Glauben. Im Johannesevangelium wird gesagt, dass Gott die Welt geliebt hat, bevor die Welt Gutes getan hat – von daher kann Gott nach christlichem Verständnis in diesem Maße wie Allah nicht irreleiten, wen er will (Sure 14,4) - freilich bietet die Aussage im Vaterunser "und führe uns nicht in Versuchung" große Interpretationsschwierigkeiten. Im Koran gibt es auch Aussagen wie: Allah liebt sie und sie lieben ihn (Sure 5,54: aber beachte den Kontext: Warnung vor Abfall von Allah) – auf solche Texte stützen sich mystisch veranlagte Muslime.

Ethisch lehrt Jesus die Hinwendung zum Nächsten – Mohammed lehrt die Abwendung von Ungläubigen: Man solle sie sich nicht zum Freund nehmen, da die Gefahr bestehe, vom Islam abzufallen (Sure 4,89.139.144; endgültige Ausgrenzung von Christen: 5,51.57.80f.) - auch wenn es sich um Verwandte handelt (9,23). (Freilich wird auch das von Muslimen so interpretiert: Es geht nicht um Menschen als solche, die man meiden solle, sondern immer nur um antiislamische Kämpfer und Spötter.) Allah hat die Nichtglaubenden zu den Niedrigsten der Niedrigen gemacht (Sure 65).

Nicht nur die Tora, auch das Evangelium (!) wird zu dem folgenden Aufruf verwendet: Sie sollen kämpfen in Allahs Wegen und töten und getötet werden. Eine Verheißung sei gewährleistet in der Tora, im Evangelium und im Koran (Sure 9,111) – wobei er selbst sieht, dass „Allah“ in die Herzen derer, die Jesus folgen, Güte und Barmherzigkeit legt (Sure 57,27).

Durch diese Hinweise wird deutlich, dass Mohammed befürchtete, Menschen könnten von seinen von Allah empfangenen Offenbarungen abfallen (s. auch Sure 71,26f.).

 

Wer die Gemeinsamkeiten von muslimischen und christlichen Glauben vermisst, wird in dem zuvor genannten Text wenig finden. Es ist auch schwer, Gemeinsamkeiten herauszustellen: http://www.efg-hohenstaufenstr.de/downloads/texte/islam_christentum.html Das Problem liegt nicht so sehr im Koran oder in den Hadithen, sondern in der Interpretation des Koran durch Muslime. Und so gibt es Interpretationen, mit denen wir Christen gut leben können: Paradiesvorstellungen nur metaphorisch, militärische Auseinandersetzungen mit Gegnern nur bei Notwehr (freilich ist auch dieses christliche Verständnis nicht jesuanisch), um den Koran in seiner wirklichen Aussage zu verstehen bedarf es der Hilfe Allahs/Gottes, gemeinsam ist der Glaube an einen Gott (wenn auch unterschiedlich zu verstehen), manche ethischen Gesichtspunkte wären hier zu nennen. Es kommt immer auf den jeweiligen Muslim als Interpreten des Koran an. Mit manchen gibt es mehr Gemeinsamkeiten, mit anderen so gut wie keine.